Bischöfe: "Frauen beistehen und Abtreibungen entschlossen reduzieren"
50 Jahre nach Beschluss der Fristenregelung haben Österreichs Bischöfe die Position der Kirche im Lebensschutz bekräftigt. In Politik, Gesellschaft und Kirche müsse man heute erneut fragen, "wie wir Frauen in einer Konfliktschwangerschaft effektiv beistehen können. Einerseits müssen ihre Rechte, ihre Würde und ihre Selbstbestimmung sowie andererseits auch jene ihres ungeborenen Kindes gewahrt bleiben", schreiben die Bischöfe in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung. Als "Gebot der Stunde" werden dabei Begleitforschung zur Fristenregelung und entsprechende Hilfsmaßnahmen bezeichnet: Sie seien dringend notwendig, um "Schwangerschaftsabbrüche entschlossen zu reduzieren". Kathpress dokumentiert im Folgenden die Erklärung im Wortlaut.
Leben schützen - 50 Jahre nach Beschluss der Fristenregelung
Vor 50 Jahren, am 29. November 1973, beschloss der Nationalrat mehrheitlich, den Schwangerschaftsabbruch in Österreich unter bestimmten Voraussetzungen straffrei zu stellen. Seit 1. Jänner 1975 gilt die sogenannte Fristenregelung. Die Entscheidung des Gesetzgebers ist als solche hinzunehmen. Dazu halten die Bischöfe damals wie heute fest, dass aus dieser gesetzlichen Regelung niemals ein "Recht auf Abtreibung" abgeleitet werden darf. Auch wenn uns keine moralische Verurteilung von Menschen zusteht, die einen Schwangerschaftsabbruch hinter sich haben, so bleibt doch die Weisung aus dem Dekalog aufrecht: "Du sollst nicht töten!" Sie schützt jene, die auf den Schutz durch die Rechtsordnung angewiesen sind.
Mehr Unterstützung für Frauen
Außerdem erfüllt uns mit zunehmender Sorge, dass nicht nur das Lebensrecht des Kindes, sondern auch die Selbstbestimmung der Frau untergraben wird. Für Frauen, die zur Abtreibung gedrängt werden, ist Selbstbestimmung eine Fiktion. Dieses Problem scheint auch in der Gesellschaft angekommen zu sein: Eine im März 2023 präsentierte IMAS-Umfrage ergab, dass sich 77 Prozent der österreichischen Bevölkerung mehr Unterstützung für Frauen im Schwangerschaftskonflikt wünschen, "um ein Ja zum Kind zu ermöglichen". Wo Abtreibung als Frauenrecht propagiert wird, werden Väter zudem völlig aus der Verantwortung genommen.
Umfassende Begleitforschung ist nötig
Es ist daher eine umfassende Begleitforschung nötig, die aufzeigt, in welchen Krisen und Nöten sich schwangere Frauen befinden, um ihnen effektiv zur Seite zu stehen und Mut zum Kind zu machen. Die Ergebnisse der Begleitforschung sollen zu einer gezielten Hilfeleistung führen und einen konkreten Ansatzpunkt für die 1973 einstimmig beschlossenen flankierenden Maßnahmen finden, die bis heute nicht vollständig umgesetzt wurden. Sehr bewährt hat sich das Netz von zahlreichen Familien- und Sozialberatungsstellen in Österreich.
Begleitung auf dem Weg der inneren Heilung
Viele Frauen würden sich bei entsprechender moralischer, sozialer und finanzieller Unterstützung für und nicht gegen ihr Kind entscheiden. Zwei Drittel der Frauen erleben ihre Entscheidung zur Abtreibung als Verletzung der eigenen Überzeugungen. Ihr stilles Leid nach dem gewaltsamen Verlust ihres Kindes, das der Heilung bedarf, wird jedoch häufig tabuisiert. Mitunter wird es jahrelang verdrängt, ehe es irgendwann aufbricht. Hier sieht die Kirche einen besonderen Auftrag, allen Betroffenen auf ihrem Weg der inneren Heilung zu begleiten.
Kein Menschenrecht auf Abtreibung
Ein liberaler Staat lebt davon, dass er die Rechte aller seiner Bürgerinnen und Bürger schützt. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass der Schwangerschaftsabbruch nur unter bestimmten Bedingungen (§ 97 StGB) straffrei gestellt ist, die Tötung des Ungeborenen grundsätzlich jedoch unter Strafe steht. Der österreichische Gesetzgeber hält somit das Leben des Kindes für grundsätzlich schützenswert. Es gibt auch kein "Menschenrecht auf Abtreibung", weil das ein Widerspruch in sich ist: Es kann kein Menschenrecht sein, einer anderen Person ihr Menschenrecht auf Leben vorzuenthalten.
Schwangerschaft ist keine Krankheit
Vor dem Hintergrund immer wieder aufflammender Forderungen halten wir Bischöfe fest, dass ein Schwangerschaftsabbruch keine "Gesundheitsleistung" sein kann: Weder ist eine Schwangerschaft eine Krankheit noch die Tötung des Ungeborenen die entsprechende Therapie. Aus diesem Grund lehnen wir die Durchführung von Abtreibungen in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen ab.
Lebensrecht für alle Kinder
Die erschreckende Praxis von Spätabtreibungen aufgrund einer diagnostizierten oder lediglich nur vermuteten Behinderung des ungeborenen Kindes ist ein diskriminierender Tatbestand, der nicht zu akzeptieren ist. Diese immer noch übliche Praxis ist einer humanen, auf Inklusion bedachten Gesellschaft, unwürdig. Wir unterstützen jede Form der Förderung und Beteiligung von Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft.
Schwangerschaftsabbrüche sind keine Lösung
Wir müssen uns 50 Jahre nach Beschluss der Fristenregelung in Politik, Gesellschaft und Kirche erneut fragen, wie wir Frauen in einer Konfliktschwangerschaft effektiv beistehen können. Einerseits müssen ihre Rechte, ihre Würde und ihre Selbstbestimmung sowie andererseits auch jene ihres ungeborenen Kindes gewahrt bleiben. Eine Begleitforschung zur Fristenregelung und entsprechende Hilfsmaßnahmen sind daher ein Gebot der Stunde, um Schwangerschaftsabbrüche entschlossen zu reduzieren.
Quelle: kathpress (28.11.2023)