Presseerklärungen der Frühjahrsvollversammlung
Presseerklärungen der Frühjahrsvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz, vom 3 bis 5. April 2001 in Mariazell
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1. Jahr der Berufung
Sinnvoll leben. Berufen. Engagiert.
Unter diesem Motto steht das "Jahr der Berufung", zu dem die katholische Kirche in Österreich 2002 einlädt. Dieses Jahr soll eine Stärkung und Ermutigung für alle Getauften sein, die sich in Pfarren und Gemeinschaften, in Orden und Klöstern, in Familien oder als Alleinlebende, im privaten wie im öffentlichen Bereich als Christen engagieren. Sie alle sind "Berufene". Besonders soll im "Jahr der Berufung" ein Klima gefördert werden, in dem geistliche Berufungen wachsen können. Österreich braucht dringend mehr Priester, Diakone, Ordensfrauen und Ordensmänner. Ihr Dasein und ihr Dienst sind unverzichtbar.
In einer Zeit der Sinnkrise sind getaufte und gefirmte Christen gefragt, die den Weg der Nachfolge Christi gehen, einen Weg, der Sinn vermittelt und das Leben lebens-wert macht. Mit dem "Jahr der Berufung" wird die breite Palette christlicher Berufung sichtbar gemacht. Die Freude über die Vielfalt der Begabungen und Berufungen soll zum Ausdruck gebracht werden.
Kirche kann dort etwas bewirken, wo Menschen sich engagieren. Dieses Jahr soll daher auch ein Anstoß sein, dass Menschen erfahren: Ich werde von der Kirche geschätzt, ich bin ein wichtiger und notwendiger Teil der Kirche, ich bin von Gott gerufen.
Es geht um die Antwort auf diesen Ruf Gottes. Im "Jahr der Berufung" soll auf besondere Weise ein christliches Selbstverständnis gefördert werden, das die Menschen befähigt, auf die Stimme Gottes in unserer Zeit zu hören, ihre jeweilige Berufung zu erkennen und in ihren unterschiedlichen Lebensbereichen zu verwirklichen.
Bereits jetzt gibt es eine Fülle von Initiativen für das "Jahr der Berufung", die in allen Diözesen den Menschen helfen sollen, sich selbst zu finden und ihre besondere Berufung zu erkennen.
2. Europa
Die österreichischen katholischen Bischöfe treten dafür ein, dass Österreich seine Aufgabe im Hinblick auf die Ost-Erweiterung der Europäischen Union mit größerer Entschiedenheit wahrnimmt. Bei dieser Erweiterung geht es - wie Papst Johannes Paul II. bei seiner Europa-Rede 1998 in Wien formuliert hat - um die "Europäisierung" der Union. Denn Europa ist größer als die Gemeinschaft der 15. Es ist aber auch größer als die Union, wie sie sich nach dem Beitritt der Kandidatenländer präsentieren wird. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Achtung der Religions- und Gewissensfreiheit durch alle europäischen Staaten, insbesondere auch die alten und neuen Mitgliedsländer der Europäischen Union. Dieses Grundrecht ist ein sensibler Indikator dafür, wie die Menschenrechte insgesamt geachtet werden.
Die europäische Einigung darf nicht als bloß wirtschaftlicher Vorgang missverstanden werden. Es handelt sich vor allem auch um einen geistig-kulturellen Vorgang, um die Wiederentdeckung der gemeinsamen religiösen Wurzeln des Kontinents. Europa muß seine christlichen Wurzeln wiederentdecken - wobei ebenso die Beiträge der jüdischen und der islamischen Tradition, aber auch das humanistische Erbe zu beachten sind. Es geht nicht darum, Europa eine Seele zu geben, sondern die vorhandene, aber mitunter in Vergessenheit geratene Seele Europas wiederzuentdecken.
Europa muß mit seinen beiden Lungenflügeln - dem westlichen und dem östlichen - atmen, um seiner Geschichte und seiner Zukunft gerecht zu werden. Österreich als einem Land an der Nahtstelle zwischen Nord und Süd, Ost und West kommt dabei eine besondere Aufgabe zu. Erst jüngst ist diese Rolle unseres Landes bei einer großen internationalen Konferenz in Wien über den Beitrag der katholischen Kirche für Frieden und Versöhnung in Südosteuropa deutlich in Erinnerung gerufen worden.
Die österreichischen Bischöfe setzen sich daher für alle Initiativen ein, die dem Miteinander in Europa - über alle nationalen, konfessionellen und religiösen Grenzen hinweg - dienen. Sie erhoffen aber auch von den politischen und gesellschaftlichen Kräften, dass diese der Mitarbeit an der weitergehenden Einigung Europas vorrangige Bedeutung einräumen.
3. Heiliges Land
Die österreichischen Bischöfe verfolgen mit tiefer Anteilnahme die Vorgänge im Heiligen Land. Sie schließen sich den Friedensappellen Papst Johannes Pauls II. und der Oberhäupter der christlichen Kirchen in Jerusalem an.
Während die Christen in Österreich Ostern feiern, herrscht im Heiligen Land ein Karfreitag ohne Ende. Die österreichischen Bischöfe solidarisieren sich insbesondere auch mit den Christen des Heiligen Landes, die durch die gewalttätigen Auseinandersetzungen, das Ausbleiben der Pilgerströme und die steigende Arbeitslosigkeit besonders betroffen sind. Die Christen des Heiligen Landes sind die lebenden Zeugen des Evangeliums im Land Jesu. Die Christen in anderen Ländern dürfen nicht gleichgültig bleiben, wenn ihre Brüder und Schwestern im Heiligen Land leiden.
Die österreichischen Bischöfe appellieren daher an die Katholiken, sich heuer in besonderer Weise an der Karfreitagskollekte - deren Ergebnis für die Christen im Heiligen Land bestimmt ist - zu beteiligen. Ebenso mögen die Gläubigen die Spendenaktion der österreichischen Statthalterei des "Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem" zu Ostern unterstützen.
4. Landwirtschaftskrise
Die BSE-Krise, der Schweinemastskandal und die Maul- und Klauenseuche haben viele Menschen verunsichert, weil es um die tägliche Nahrung geht. Nicht wenige Landwirte sehen sich in ihrer Existenz bedroht. Die österreichischen Bischöfe rufen einige ethische Grundsätze in Erinnerung, die aus der Verpflichtung der Christen zur "Bewahrung der Schöpfung" resultieren.
Tiere sind lebendige Geschöpfe Gottes und sollen von den Menschen als solche betrachtet, behandelt und beschützt werden.
Angesichts gewisser Übertreibungen und im Hinblick auf die jetzige Krise möchten wir festhalten: Tiere dürfen als Nahrung für die Menschen verwendet werden, manchmal fordert es auch der Schutz der Menschen, sie zu töten. Falsch ist es aber,
Tiere wie totes Material zu behandeln;
Tiere willkürlich und grausam umzubringen;
Tiere in einer nicht artgerechten Weise zu halten;
Tiere zu züchten und zu verändern als wären sie Maschinen, deren Produktion sich nur nach wirtschaftlich-technischen Kriterien zu richten hat.
Die jetzige Krise hat viele Ursachen: Die Verbraucher verlangten nach immer mehr und immer billigerem Fleisch, die Produzenten und ihre Helfer aus dem Bereich von Biologie und Chemie wollten den Bedarf decken und den Gewinn steigern, Politiker erkannten nicht rechtzeitig, wo Grenzen notwendig sind.
Natürlich dürfen und müssen sich Betriebe auch am Gewinn orientieren, dürfen Wissenschaftler forschen und sollen die Politiker nicht meinen, sie müssten alles und jedes regeln. Andererseits muss man einräumen: Maßlosigkeit im Streben nach Gewinn und Vorteil, das keine anderen Gesichtspunkte zulassen will, hat uns in die heutige Situation gebracht.
Es bedarf der Umkehr, und diese bedeutet: Auch das berechtigte Streben nach Gewinn und Verbesserungen der Produktion muss höhere Werte und damit auch Grenzen anerkennen. Die Bischöfe danken jenen für die Landwirtschaft Tätigen, die die Ordnung der lebendigen Natur achten und mit ihr, nicht gegen sie leben. Ein Ziel der Politik und aller Verantwortlichen muss eine nachhaltige Landwirtschaft sein und nicht Effizienz und Gewinn um jeden Preis.
5. Sonntag
Die Österreichische Bischofskonferenz begrüßt das Entstehen einer bundesweiten "Allianz für den freien Sonntag". Der Linzer Diözesanbischof Maximilian Aichern wird die katholische Kirche offiziell in der "Allianz" vertreten.
Bischof Aichern berichtete in der Frühjahrsvollversammlung über die bereits jetzt - vor der offiziellen Gründung der österreichweiten "Allianz" - gesetzten Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung für den freien Sonntag. U.a. ist eine Plakatserie in Ausarbeitung, die vom Gottesdienst bis zum Sport sechs Sonntags-Themen umfasst. Diese Plakate werden sowohl in den Schaukästen der Pfarrgemeinden als auch auf den Anschlagtafeln der Betriebsräte in ganz Österreich affichiert werden.
6. Ökumenisches Sozialwort
Die österreichischen Bischöfe begrüssen die Arbeit am Ökumenischen Sozialwort. Diözesanbischof Maximilian Aichern berichtete in der Frühjahrsvollversammlung, dass im Rahmen der Standortbestimmung bisher mehr als 500 Berichte über soziale Initiativen in den Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich eingelangt sind. Von besonderer Bedeutung sei dabei, dass sich auch die Kirchen der östlichen Tradition intensiv an diesem Vorgang der sozialen Standortbestimmung beteiligen. Die aktuelle Liste der Einsendungen wird im Internet unter www.sozialwort.at präsentiert.
Die Standortbestimmung bildet die Grundlage für den Sozialbericht der christlichen Kirchen in Österreich, der sich in Ausarbeitung befindet. Bereits jetzt werde dabei deutlich, so Bischof Aichern, dass in den Pfarrgemeinden sehr viel soziale Arbeit geschieht. Die Unterstützung dieser ehrenamtlich geleisteten Arbeit sei sehr wichtig.
Der Sozialbericht wird am 12. September 2001 in Wien präsentiert werden.
7. Studiengebühren
Die österreichischen Bischöfe sind in Sorge über die unklare Regelung der Studiengebühren für Studenten aus Entwicklungsländern und Reformstaaten. Nach wie vor besteht Unsicherheit, ob diese Studenten ab Herbst 2001 Studiengebühren leisten müssen oder nicht.
Daß Studenten aus Ländern des "Südens" in Österreich Studienmöglichkeiten finden, gehört zum Auftrag unserer Heimat in der zunehmend einswerdenden Welt. Darüberhinaus ist es für Österreich von Vorteil, wenn Angehörige der künftigen Eliten in den Entwicklungsländern hier ihre Ausbildung absolvieren können. Junge Menschen aus Entwicklungsländern zu Studiengebühren zu verpflichten, würde die Entwicklungshilfeleistungen Österreichs mindern und die außen- und bildungspolitische Reputation des Landes schwächen.
Die Österreichische Bischofskonferenz weist auf die von mehreren kirchlichen Einrichtungen - u.a. Afro-Asiatische Institute, Caritas, Katholische Frauenbewegung, Missio-Austria usw. - geäußerten Bedenken hin und tritt dafür ein, dass Studierende aus Entwicklungsländern von Studiengebühren befreit bleiben.
8. Jugend
Der "Dialog X" hat - mit den Veranstaltungen im Oktober 1999 und im Oktober 2000 in Salzburg - zu einer österreichweiten elektronischen Vernetzung kirchlicher Jugendgruppen in Österreich geführt, teilte "Jugend-Bischof" Paul Iby bei der Frühjahrsvollversammlung mit.
Im Rahmen des "Dialog X" ist eine Reihe von Veranstaltungen in Vorbereitung:
2.-4. Juni 2001, Pfingsten, Jugendbegegnung mit voraussichtlich 3.500 Teilnehmern in Innsbruck
13.-14. April 2002, "Nightwatch", an 10-15 Orten in Österreich treffen Jugendliche zusammen, um aus der Fülle der spirituellen Traditionen den Glauben an Gott zu feiern. Motto: "Eine Zeit zum Beten, (k)eine Zeit zum Schlafen".
7.-9. Juni 2002, "72 Stunden ohne Kompromiss", Jugendliche arbeiten an verschiedenen Orten an sozial-karitativen Projekten. Diese Initiative möchte erreichen, dass Jugendliche in Gruppen gemeinsam tätig werden, um Nächstenliebe konkret - auch im sozialen und gesellschaftspolitischen Bereich - zu verwirklichen.