Presseerklärungen der Sommervollversammlung
Presseerklärungen der Sommervollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz, vom 25. bis 27. Juni 2001 in Matrei am Brenner (Tirol)
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1. Kirche und Medien
Der Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari wurde zum neuen "Medien-Bischof" gewählt. Er folgt auch in dieser Funktion dem früheren Grazer Bischof Johann Weber nach. Kardinal Christoph Schönborn bezeichnete die Wahl Kapellaris als Schritt, der das Interesse der Kirche in Österreich am Medien-Bereich unterstreicht.
Bischof Kapellari wird gemeinsam mit einer kleinen Gruppe von Fachleuten ein Konzept ausarbeiten, das die mediale Präsenz der Kirche und die kirchliche Auseinandersetzung mit Medienfragen auf eine neue Basis stellen soll. Zur Erfüllung ihres Verkündigungsauftrags muss die Kirche einerseits auf dem Medien-"Areopag" präsent sein, andererseits aber auch eigene Medien gestalten. Beides ist nur möglich, wenn sich die Kirche mit der Eigengesetzlichkeit der Medien - wenn notwendig, auch kritisch - auseinander setzt.
2. Schutz des Lebens
Für den Menschen ist das Leben das grundlegendste Gut, das ihm von Gott, seinem Schöpfer, anvertraut ist. Von seinem Anfang bis zu seinem natürlichen Tod ist das Leben jedes unschuldigen Menschen - auch des behinderten, kranken und alten Menschen - etwas Unantastbares, Unverfügbares und Heiliges.
Diese Heiligkeit des Lebens gilt vom Anfang bis zum Ende: Sobald die Befruchtung einer menschlichen Eizelle stattgefunden hat, ist davon auszugehen, dass da ein neuer Mensch ist, ausgestattet mit ganz bestimmten Eigenschaften, ein Mensch, dem Gott das Leben schenken will und dem ER sogar das ewige Leben verheißen hat.
Aktueller Grund zur Sorge sind das Euthanasiegesetz in den Niederlanden, manche die aktive Sterbehilfe betreffenden Bestimmungen in der benachbarten Schweiz und der Trend in die gleiche Richtung in manch anderen Ländern. Dazu ist zu sagen:
Die Todesstunde unterliegt nicht der Willkür des einzelnen oder gar anderer. Niemand darf für sich oder andere die Entscheidung treffen, das Leben zu beenden.
Auch der Staat hat nicht das Recht, Tötungs-Erlaubnisse zu gewähren. Dass heute wieder von Euthanasie gesprochen und sie sogar eingeführt werden kann, ist eine gefährliche Entwicklung. Wehret den Anfängen!
Das Leben kann zur Qual werden, und dann mag der Tod als Erlösung erscheinen. Für diese Situationen hat die heutige Medizin viele Möglichkeiten der Schmerzlinderung und entsprechender Pflege entwickelt. Die wahrhaft menschliche und christliche Antwort auf diese Notfälle ist die Hospiz-Bewegung: Kranke, die nicht mehr geheilt werden können, sollen wir, die noch Lebenden, auf ihrem Weg zum Tod begleiten.
Wir sind nicht verpflichtet, in jedem Fall alle heute in der Medizin zur Verfügung stehenden Mittel anzuwenden, um das Leben ein kleines Stück zu verlängern. Den Tod anzunehmen, wenn die Stunde dafür gekommen ist, gehört auch zur Weisheit des Menschen. Jeder sollte daran denken: Einmal ruft dich Gott zu sich und verlangt Rechenschaft für dein Tun.
Große Sorge bereiten nach wie vor die vielen Abtreibungen in unserem Land. Wir kennen zwar keine genauen Zahlen, aber Schätzungen lassen erkennen, dass es sehr viele sind, und jede Abtreibung ist eine zu viel!
Umsomehr erfüllt es uns mit Dankbarkeit, dass in den letzten Jahrzehnten von der Caritas, von kirchlichen Institutionen, von anderen Vereinigungen und Privatpersonen vielen Müttern in Not wirksam geholfen werden konnte. In allen Diözesen wurden Beratungsstellen eingerichtet, gibt es Hilfsfonds und Notwohnungen. Wir bitten alle Gläubigen und Menschen guten Willens beizutragen, dass ungeborene Kinder gerettet werden können und Mütter in Not nicht nur vor der Geburt, sondern auch nachher den erforderlichen Beistand erfahren.
Besondere Sorge bereitet, dass Mütter und Väter unter einen sehr belastenden Druck geraten, wenn während der Schwangerschaft eine Behinderung des Kindes entdeckt oder vermutet wird. Oft bedeutet dies ein Todesurteil für das Kind. Uns ist bewusst, wie schwer es ist, zu einem kranken, vielleicht schwer behinderten Kind Ja zu sagen, aber es schmerzt, dass in den vergangenen Jahren mit sehr viel persönlichem, auch hohem finanziellen Einsatz wertvolle Einrichtungen für Menschen mit Behinderung geschaffen wurden und dass jetzt oft die Entscheidung gegen sie ausfällt. Kaum, dass wir meinten, die Gesellschaft sei nun menschlicher geworden, weil sie die Menschen mit Behinderung nicht mehr versteckt, sondern sogar viel Gutes für sie tut, müssen wir gestehen, dass wir Gefahr laufen, in eine schlimmere Unmenschlichkeit als früher zu verfallen: heute tötet man Menschen mit Behinderung oder solche, die vielleicht behindert sein könnten, im Mutterleib und versucht diese Vorgangsweise als Barmherzigkeit zu deuten, weil ihnen das Leben, den Eltern die Mühe und der Gesellschaft das Geld erspart bleiben.
Das Lebensrecht des Menschen ist heilig, auch das eines Menschen mit Behinderung. Jede Mutter, die in diese Lage kommt, möchten wir ermutigen, das Ja zum Kind, auch zum behinderten, zu wagen; jeden Vater möchten wir bitten, seine Frau zu einer positiven Entscheidung für das Kind zu ermutigen und diese Entscheidung mit allen Konsequenzen mitzutragen. Alle müssen wir bereit sein zu helfen. Ärzten kommt dabei eine besonders große Verantwortung zu: sie müssen die Frau informieren. Wie hilfreich kann ein ermutigendes Wort seitens des Arztes sein und wie verheerend ein falscher Rat!
Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zum Schutz der noch nicht geborenen Kinder und der Mütter kommt der Gesetzgebung zu: es wäre höchste Zeit, dass diesbezüglich zumindest über Verbesserungen der gesetzlichen Situation nachgedacht wird. Die Fristenlösung ist und bleibt eine offene Wunde unserer Gesellschaft.
Eine weitere Sorge bezieht sich auf die künstliche Befruchtung und andere Vorhaben, die von der Medizin angekündigt werden. Auf den Menschen angewandt, ist die künstliche Befruchtung ihrer ganzen Natur nach problematisch. Es gibt gute Gründe, warum sie die Kirche ablehnt. Erst recht gilt das im Hinblick auf die sogenannte Präimplantationsdiagnostik und andere Arten der "Qualitätssicherung", die bei künstlicher Befruchtung häufig praktiziert werden: z.B. Tötung von Embryonen, deren Gentest nicht "einwandfrei" ist oder Tötung von Föten zur "Reduzierung" auf ein Kind, wenn Mehrlingsschwangerschaften entstanden sind. Es breitet sich aber mehr und mehr eine unerhörte Selektionsmentalität aus, der Umgang mit dem menschlichen Leben wird immer leichtfertiger und die Missachtung des 5. Gebotes Gottes immer schwerwiegender.
Wir möchten allen Christen und allen verantwortungsbewussten Menschen zurufen: Überlegt euch, welche Eingriffe ihr an euch und euren Kindern vornehmen lasst oder welche Eingriffe ihr durchführt! Hören wir auf die Kirche! Forschungen, Eingriffe, "Hilfen", welche die Integrität des Lebens nicht achten, sind ein schwerer Verstoß gegen die Ordnung Gottes, auf ihnen kann kein Segen ruhen!
3. Jahr der Berufung
Die katholische Kirche in Österreich begeht das Jahr 2002 unter dem Motto "sinnvoll leben. berufen. engagiert" als "Jahr der Berufung". Dabei geht es einerseits darum, ein positives Klima für geistliche Berufungen zu schaffen. Österreich braucht mehr Priester, Diakone und Ordensleute. Andererseits soll deutlich gemacht werden, dass jeder getaufte und gefirmte Christ eine besondere Berufung in Familie und Beruf, Nachbarschaft und Gesellschaft zu verwirklichen hat. Immer geht es um die Antwort auf den Anruf Gottes.
Eine Fülle von Initiativen wird die Berufung in all ihrer Vielfalt zum Thema machen. U.a. wird die Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar das Thema auf Foldern und Plakaten aufgreifen. Auch bei den Pfarrgemeinderatswahlen am 17. März 2002 wird das Thema berücksichtigt. Das Canisiuswerk startet ein Projekt, in dessen Rahmen Christinnen und Christen ihre persönliche Berufungsgeschichte niederschreiben; außerdem gestaltet das Canisiuswerk in der Fastenzeit "Exerzitien im Alltag" in Briefform zum Motto "sinnvoll leben. berufen. engagiert".
Auch die österreichischen Ordensgemeinschaften setzen Impulse: Der Weltgebetstag um geistliche Berufe am 21. April 2002 wird im Zeichen der Berufung zum Ordensleben stehen, in vielen österreichischen Ordenshäusern sind rund um den Weltgebetstag "Tage der Offenen Tür" geplant.
Viele Initiativen kommen aus dem Bereich der Katholischen Jugend. Die "Orientierungstage" der Katholischen Jugend für Schülerinnen und Schüler werden 2002 verstärkt angeboten. Im Rahmen des "Dialog X" veranstaltet die Katholische Jugend an 15 verschiedenen Orten Österreichs am 13./14. April 2002 eine "Nacht des Gebets", in der verschiedene spirituelle Traditionen zusammenfließen. Unter dem Motto "72 Stunden ohne Kompromiss" beteiligen sich zahlreiche Jugendliche im Oktober 2002 an sozialen Projekten, um konkretes christliches Engagement sichtbar zu machen.
Für den Religionsunterricht werden in den Diözesen Modelle zum Thema "Berufung" entwickelt. Auch die "Jahrbücher" mehrerer Diözesen werden im Zeichen des "Jahres der Berufung" stehen.
Im Internet wird es auf der Web-site des Canisiuswerks ab Herbst laufend Informationen, Termine und Material zum "Jahr der Berufung" geben. Das Priesterseminar St. Pölten hat das Thema Priesterberufung auf der Startseite seiner Website platziert.