Presseerklärungen der Frühjahrsvollversammlung
Presseerklärungen der Frühjahrsvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz, 7. bis 10. März 2005 - Stift Lambach
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1. Zweidrittelmehrheit bei den Schulgesetzen
Die Bundesregierung hat ihre Absicht bekannt gegeben, die Zweidrittelmehrheit für die Beschlussfassung der Schulgesetze in den gesetzgebenden Körperschaften ersatzlos abzuschaffen.
Die Österreichische Bischofskonferenz hat dazu im Begutachtungsverfahren eine Stellungnahme abgegeben, die sich nicht gegen die Abschaffung der Zweidrittelmehrheit generell ausspricht, aber wesentliche Eckpunkte des österreichischen Schulwesens in den Verfassungsrang erhoben wissen will.
Zumindest der Zielparagraf des Schulorganisationsgesetzes, unter Umständen in modernisierter Form, und die Grundanliegen der anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften - konfessioneller Religionsunterricht als Pflichtgegenstand und der Bestand des konfessionellen Schulwesens - müssen diesfalls Verfassungsrang erhalten.
Dadurch ist sicher gestellt dass zumindest die Grundpfeiler des österreichischen Schulsystems nicht durch die jeweilige Parlamentsmehrheit geändert werden können.
Gerade durch eine klare Definition der Ziele von Bildung und österreichischer Schule in der Bundesverfassung soll eines dauerhaft gewährleistet werden: Bildung hat einen ganzheitlichen Anspruch, sie unterstützt das Wachstum zu einer mündigen, reifen und verantwortungsvollen Persönlichkeit. Wer im Zusammenhang von Bildung bloß von Förderung des Wirtschaftswachstums, vom Rohstoff Humankapital und von Humanressourcen spricht, wie es leider die letzten europäischen Dokumente tun, greift zu kurz. Die geistige, soziale und spirituelle Dimension des menschlichen Seins wird hier vollkommen übersehen.
Die österreichischen Bischöfe, die nachdrücklich für diesen Bildungsbegriff stehen, wissen sich hier nicht allein. Eine breite Unterstützung durch die Elternschaft, durch Fachleute aus verschiedenen politisch-weltanschaulichen Richtungen und durch breite Bevölkerungskreise hat gezeigt, dass die Forderung der Bischöfe, vor Abschaffung der Zweidrittelmehrheit die verfassungsmäßigen Notwendigkeiten zu bedenken und zu diskutieren, großes Verständnis findet.
Die Bischöfe geben der Hoffnung Ausdruck, dass eine differenzierte Behandlung dieser so wichtigen Materie zum Wohle der österreichischen Jugend und damit der Zukunft unseres Landes möglich wird.
2. Liturgie
Die Sorge um die Liturgie und besonders um die Eucharistie als deren Herzmitte ist eine vorrangige Aufgabe der Bischöfe.
Zum heurigen "Jahr der Eucharistie" hat Papst Johannes Paul II. die Enzyklika "Ecclesia de Eucharistia" und das Apostolische Schreiben "Mane nobiscum Domine" verfasst. Diese kostbaren Texte sollten in allen Pfarren und in allen anderen kirchlichen Gemeinschaften sorgsam bekannt gemacht werden. Gemeinsam mit den auf Liturgie bezogenen Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils helfen sie, die Liturgie in ihrer Tiefe, Heiligkeit, Lebendigkeit und Schönheit besser zu verstehen und zu feiern.
Es gibt in Österreich viele Bemühungen um eine solche Liturgie. Die Bischöfe danken allen, die dazu beitragen, und bitten, diesen Weg weiter zu gehen.
Es gibt in Österreich leider aber auch an nicht wenigen Orten eigenmächtige Veränderungen, die den ohnedies weiten Rahmen überschreiten, der von der Kirche für eine authentische Liturgie vorgegeben ist. Solche Überschreitungen gefährden über kurz oder lang die Einheit und den Frieden in der Kirche und dies gerade bei jener heiligen Feier, die eine der Hauptquellen für Einheit und Frieden sein soll.
Die kirchliche Ordnung der Liturgie ist kein Joch, sie dient nicht dem Buchstaben, sondern soll ein Instrument des Heiligen Geistes sein, der sich nicht in regelloser Spontaneität, sondern in einer Ihm gemäßen Form ausdrücken will. Als Bischöfe müssen und wollen wir Kritik an Verletzungen der liturgischen Ordnung jeweils sorgsam prüfen. Solche Kritik beruht manchmal nicht oder nur teilweise auf Tatsachen und ist gelegentlich auch begleitet von Methoden, die den Geboten des Evangeliums widersprechen. Dort, wo die Kritiker im Recht sind, müssen und wollen wir aber gemeinsam zur Ordnung zurückkehren.
Es gibt viele Formen der Liturgie. Manche haben niedere Schwellen und sind so eine Einladung an Suchende, vor allem auch an junge Menschen, schrittweise dem zentralen Mysterium näher zu kommen. Die Heilige Messe ist aber inmitten der Liturgie im Ganzen eine unverwechselbare Feier. Wir dürfen die Schwelle zu ihr nicht flacher werden lassen.
Einige konkrete Themen betreffend die Heilige Messe bedürfen heute einer besonderen Beachtung. Drei seien genannt:
a. Der Priester als Träger des Weihesakraments steht bei der Eucharistiefeier in der Gemeinde und zugleich stellvertretend für Christus der Gemeinde gegenüber. Ohne Priester gibt es keine gültige Eucharistiefeier. Die Verkündigung des Evangeliums in der Feier der Heiligen Messe ist ausschließlich dem Priester oder dem Diakon anvertraut. Das eucharistische Hochgebet ist den zelebrierenden Priestern vorbehalten. Die liturgische Gemeinde bekräftigt es nach uraltem Brauch der Kirche durch Akklamationen und jedenfalls durch das abschließende Amen.
b. Der Empfang der Heiligen Kommunion bedarf der Ehrfurcht als Ausdruck des Glaubens, dass in der Gestalt von Brot und Wein Christus wirklich gegenwärtig ist. Niemand soll unvorbereitet hinzutreten. Die reuevolle Abkehr von Sünden und das Bußsakrament als Befreiung von schwerer Sünde sind Voraussetzung für einen ehrfürchtigen und geistlich fruchtbaren Empfang der Heiligen Kommunion. Unter diesen Voraussetzungen ist der Empfang der Kommunion ebenso in die Hand wie in den Mund der Kommunizierenden möglich.
c. Christus bleibt in Gestalt des in der Eucharistiefeier in seinen eucharistischen Leib verwandelten Brotes auch nach der Heiligen Messe gegenwärtig. Die Ihm zugewendete eucharistische Anbetung ist eine große Quelle geistlicher Kraft, die auch von jungen Menschen in vielen Ländern mehr und mehr entdeckt wird.
3. Österreich-Jubiläumsjahr
Österreich gedenkt heuer wesentlicher Wendepunkte seiner jüngsten Geschichte: Vor 60 Jahren ging der Zweite Weltkrieg zu Ende, nach sieben Jahren der Gewaltherrschaft erstand die Zweite Republik; vor 50 Jahren wurde der Staatsvertrag unterzeichnet, durch den Österreich seine volle Freiheit und Souveränität wieder erlangte; vor zehn Jahren ist Österreich der Europäischen Union beigetreten.
Die Kirche hatte wesentlichen Anteil daran ("Aufbau im Widerstand"), dass Österreich 1945 wieder erstehen konnte. Die Kirche und die Katholiken haben aber auch entscheidend zur Erfolgsgeschichte der Zweiten Republik beigetragen; diese Geschichte hat vom Zeitpunkt des Staatsvertrags an dazu geführt, dass Österreich bei allen Problemen ein Land ist, das seinen Menschen Sicherheit, Frieden, Wohlstand und große Lebenschancen bietet.
Die Bischöfe verbinden den Dank an Gott mit dem Gedenken an alle jene, die ihr Leben hingegeben haben, damit Österreich wieder erstehen konnte.
Am 8. Mai - dem Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs - werden um 12 Uhr in ganz Österreich alle Glocken läuten.
Am 15. Mai - dem Jahrestag der Unterzeichnung des Staatsvertrages - feiert Kardinal Christoph Schönborn im Stephansdom einen Festgottesdienst, der auch vom Fernsehen direkt übertragen wird. Bereits am Vorabend, dem 14. Mai, gedenken die Repräsentanten der christlichen Kirchen in Österreich bei einer Ökumenischen Vesper ebenfalls im Stephansdom des Ereignisses vom 15. Mai 1955.
Am 14. Juni wird bei einem Gottesdienst der Bischöfe in der Basilika von Mariazell aller Märtyrer des 20. Jahrhunderts gedacht.
Am 10./11. September steht die "Maria-Namen-Feier" in der Wiener Stadthalle im Zeichen des Staatsvertrags-Jubiläums.
Darüber hinaus gibt es in den Diözesen eine Fülle von Initiativen - Gebetsveranstaltungen, wissenschaftliche Diskussionen, Ausstellungen -, die den Menschen unseres Landes zu einem tieferen Verständnis der Gedenktage des Jahres 2005 helfen können.
4. Entwicklungszusammenarbeit
Die Bischöfe begrüßen die Initiativen und Schritte, die zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele der UNO auf internationaler Ebene - von staatlicher Seite wie von Nichtregierungsorganisationen - gesetzt wurden und in Planung sind. Insbesondere unterstützen die Bischöfe die "0,7-Prozent-Kampagne", die im Oktober 2003 von 40 Nichtregierungsorganisationen aus den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, Umwelt und Soziales - davon zahlreiche katholische - gestartet wurde. Die Kampagne mahnt die langjährige Verpflichtung der UN-Mitgliedsstaaten ein, nämlich 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen und damit die notwendigen Mittel für die Beseitigung der Armut und die Erfüllung der Millenniums-Entwicklungsziele aufzubringen. Sie greift damit die große Bereitschaft der Menschen Österreichs auf, sich für das Anliegen der weltweiten Gerechtigkeit einzusetzen.
Die Österreichische Bischofskonferenz erwartet, dass in Österreich ein verbindlicher Stufenplan zur Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit von Bund, Ländern und Gemeinden erarbeitet wird, um die vereinbarte Höhe von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu erreichen.
5. Weltjugendtag in Köln
Die Bischöfe laden die Jugendlichen aus Österreich herzlich ein, im Sommer zum katholischen Weltjugendtag nach Köln und zum Vorprogramm in den deutschen Diözesen (11. bis 21. August) zu fahren. "Jugend-Bischof" Franz Lackner stellte das Programm des Weltjugendtags den Mitgliedern der Österreichischen Bischofskonferenz vor und betonte: "Köln wird ein tiefes spirituelles Erlebnis; im Miteinander von jungen Leuten aus aller Welt wird Kirche als Gemeinschaft der an Christus Glaubenden sichtbar". Das Programm wird in vielfältiger Weise - durch Katechesen, Gottesdienste, musikalische Initiativen und eine faszinierende Ausstellung über das Antlitz Jesu in der Kunst - das Motto des Weltjugendtags "Wir sind gekommen, um Ihn anzubeten" in die Lebenswirklichkeit der jungen Menschen übersetzen.
Aus Österreich, das Köln so nahe liegt, und mit der "Stadt der Heiligen Drei Könige" religiös und kulturell so vielfach verbunden ist, sollen viele junge Leute an den Rhein fahren. Möglichst jede der 3.000 österreichischen Pfarrgemeinden soll Jugendliche zum Weltjugendtag entsenden.
Insgesamt werden 400.000 Jugendliche aus aller Welt zu den Tagen der Begegnung von 11. bis 15. August in den deutschen Diözesen erwartet. Beim eigentlichen Weltjugendtag in Köln von 16. bis 21. August werden sich bis zu einer Million Teilnehmerinnen und Teilnehmer versammeln. Die Kirche in Köln und mit ihr viele junge Leute hoffen, dass Papst Johannes Paul II. dem Gottesdienst vorstehen wird.
In allen Diözesen Österreichs laufen bereits die Vorbereitungen auf den Weltjugendtag. 300 Jugendliche sind in 40 "Kernteams Köln 2005" ("K05") zusammengeschlossen. Die "K05"-Teilnehmer befassen sich ausführlich mit der Idee und den Hintergründen des Weltjugendtags. Im Gespräch, Austausch und Gebet bereiten sie sich speziell auf den Weltjugendtag vor und laden andere Jugendliche ein, nach Köln mitzufahren (Informationen: Internet: www.weltjugendtag.at).
6. Ein Jahr nach der "Wallfahrt der Völker"
Vor bald einem Jahr - am 22. Mai 2004 - hat die "Wallfahrt der Völker" nach Mariazell als Höhepunkt des Mitteleuropäischen Katholikentags gezeigt, wie sehr die christlichen Wurzeln zum neuen Miteinander der Völker des europäischen Kontinents beitragen. Fast 100.000 "wetterfeste Christen" aus acht mitteleuropäischen Ländern (Bosnien-Hercegovina, Kroatien, Slowenien, Ungarn, Slowakei, Tschechische Republik, Polen, Österreich) legten in der Öffentlichkeit ein eindrucksvolles gemeinsames Glaubenszeugnis ab. Das neue Buch "Wallfahrt der Völker" dokumentiert dieses Glaubenszeugnis, die "Botschaft von Mariazell" wirkt weiter.
Zum ersten Jahrestag dieses Ereignisses findet im bosnischen Kupres am 20./21. Mai in der wieder aufgebauten Kirche zur Heiligen Familie die Weihe jener acht Glocken statt, die das erste Mal im Vorjahr bei der "Wallfahrt der Völker" in Mariazell erklungen sind. Die acht Glocken symbolisieren die acht Teilnehmerländer des Mitteleuropäischen Katholikentags und stellen ein Geschenk der katholischen Kirche in Österreich an die katholische Kirche in Bosnien dar.
Kardinal Christoph Schönborn wird an der Spitze einer Delegation der Österreichischen Bischofskonferenz in Kupres sein. Auch die anderen sieben Teilnehmerländer des Mitteleuropäischen Katholikentags werden durch Repräsentanten der Bischofskonferenzen und Delegationen von Jugendlichen vertreten.
Kupres (gleich weit entfernt von den drei bosnisch-hercegovinischen Diözesansitzen Sarajevo, Banja Luka und Mostar) ist ein Symbolort für den Kreuzweg und die Glaubenstreue der bosnisch-hercegovinischen Katholiken. Die Glocken für Kupres stellen einen Akt der Solidarität mit der katholischen Kirche in allen Teilen von Bosnien-Hercegovina dar.
Der Mitteleuropäische Katholikentag hat die Katholiken in den Teilnehmerländern einander näher gebracht. Viele Partnerschaften auf der Ebene der Diözesen und der Pfarrgemeinden sind entstanden. Diese Partnerschaften werden weiter geführt und vertieft.
Im kommenden Jahr wird es in den acht Ländern des Mitteleuropäischen Katholikentags zum selben Zeitpunkt Familienwallfahrten zu den verschiedenen Gnadenorten geben.
Für die Österreichische Bischofskonferenz ist 2006/07 die Vertiefung der Kontakte zur katholischen Kirche in Ungarn eine Priorität.
7. Heiliges Land
Mit Hoffnung und Sorge verfolgen die Bischöfe gemeinsam mit allen Menschen guten Willens die Entwicklung im Nahen Osten, insbesondere im Heiligen Land. Nur wenn Frieden wird, haben auch die Christen im Heiligen Land neue Lebenschancen. Es darf nicht sein, dass im Geburtsland der Kirche nur mehr die Steine von Jesus reden, während die "lebendigen Steine" der christlichen Gemeinden immer mehr an den Rand gedrängt werden.
Die für die Kirche im Heiligen Land bestimmte Kollekte am Karfreitag bietet den österreichischen Katholiken die Chance, ihre Solidarität mit den Christen in der Heimat Jesu tatkräftig unter Beweis zu stellen.
Zugleich rufen die Bischöfe dazu auf, diese Solidarität auch durch eine Wiederaufnahme der Pilgerfahrten ins Heilige Land zu bekunden. Die große "Pro Oriente"-Wallfahrt ab dem 29. März soll als Impuls dafür betrachtet werden.