Presseerklärungen der Sommervollversammlung
Presseerklärungen der Sommervollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz, 16. bis 18. Juni 2008, Mariazell
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1. Seelsorge
Die österreichischen Bischöfe haben sich bei ihrer Sommervollversammlung ausführlich mit Fragen der Seelsorge beschäftigt. Dabei wurden zwei Prinzipien festgehalten: Es sollen - soweit es sinnvoll möglich ist - alle Pfarrgemeinden erhalten bleiben; zugleich soll die pastorale Zusammenarbeit über die Pfarrgrenzen hinweg verstärkt werden. Alle Anpassungen in der Struktur der Seelsorge dienen dem Ziel, den Menschen das Evangelium zu bringen. Die Gestalt des Völkerapostels Paulus, dessen Wirken die Kirche mit dem Paulusjahr heuer besonders in den Blick nimmt, ist dafür eine Inspiration.
Im Zusammenhang mit Fragen der Seelsorge wurde auch die Taufspendung durch Laienchristen in der Diözese Linz besprochen. Diese Praxis wurde von Diözesanbischof Ludwig Schwarz im Hinblick auf die weltkirchlichen Voraussetzungen korrigiert. In der Sommervollversammlung der Bischofskonferenz wurde festgestellt, dass die Mitwirkung der Pastoralassistenten und -assistentinnen bei der sorgsamen Vorbereitung auf die Taufe ein sehr bedankenswerter Beitrag im Ganzen der Seelsorge einer Diözese ist. Die Taufspendung ist aber in der katholischen Weltkirche grundsätzlich Bischöfen, Priestern und Diakonen vorbehalten, dies gilt - wie schon bisher in allen anderen Diözesen Österreichs - auch für Linz. Die Österreichische Bischofskonferenz sieht - ebenso wie die Deutsche Bischofskonferenz - nicht die Notwendigkeit, dass Laien mit der Leitung von Tauffeiern beauftragt werden. Ausgenommen ist die Nottaufe im Fall von Todesgefahr.
2. Entwicklungszusammenarbeit
Die österreichischen Bischöfe beobachten mit zunehmender Sorge die dramatische Zuspitzung der weltweiten Hungerkrise. Waren schon bisher nach Angaben der Vereinten Nationen 850 Millionen Menschen weltweit von Hunger bedroht, verschärft die aktuelle Nahrungsmittelkrise die Situation noch.
Aus den Erfahrungen der kirchlichen Hilfsprojekte wird deutlich, dass Hilfe in den Hungerregionen ankommt, dass diese Hilfe wirkt und Leben rettet. Gleichzeitig machen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hilfsorganisationen die bedrückende Erfahrung, dass Hunger krank, verzweifelt, hoffnungslos macht. Hunger raubt den Menschen die Lebenschancen und den Lebensmut. Hunger ist eine weltweite, große Wunde, die niemand unberührt lassen kann.
Die Bischöfe appellieren daher eindringlich an die österreichische Bundesregierung, hier ihren Beitrag der Menschlichkeit zu leisten und die europaweite Verpflichtung einzuhalten, die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit bis 2010 auf 0,51 Prozent des Bruttonationalprodukts und bis 2015 auf 0,7 Prozent zu erhöhen. Diese zusätzlichen Mittel müssen für die Armutsbekämpfung eingesetzt werden. Nur so kann erreicht werden, dass die Millenniumsziele der Vereinten Nationen (Halbierung des Hungers bis 2015) Wirklichkeit werden.
3. Irak-Flüchtlinge
Mit großer Betroffenheit sehen die österreichischen Bischöfe die Entwicklung im Irak. Das Leid der Menschen in dem von Besatzung und permanentem Bürgerkrieg heimgesuchten Land ist unermesslich, auch wenn es nicht mehr Schlagzeilen macht, weil sich die Aufmerksamkeit der Medien auf neue Schauplätze verlagert hat.
Die Solidarität der Bischöfe gilt allen Leidenden im Zweistromland, besonders aber den Christen. Das Christentum ist im heutigen Irak seit apostolischer Zeit, seit dem 1. Jahrhundert, präsent. Ungezählte Heilige, Kirchenväter, große Theologen, Patriarchen und Märtyrer sind aus der Christenheit des Zweistromlandes hervorgegangen. Heute sehen sich die Christen des Landes schweren Verfolgungen nicht durch die Staatsmacht, sondern durch politische Gruppierungen aller Art ausgesetzt, vielen bleibt keine andere Wahl als die Flucht ins Ausland. Ebenso wie die Christen sind auch die Angehörigen anderer religiöser Minderheiten - etwa die Jeziden und die Mandäer - in einer ausweglos scheinenden Situation. Aber es gilt auch: Sunnitische Muslime sind in schiitisch dominierten Gebieten gefährdet, ebenso Schiiten in sunnitischen Hochburgen. Es wiederholt sich die Balkan-Tragödie der neunziger Jahre: Die Politik setzt das schmähliche Mittel der "ethnisch-religiösen Säuberung" ein, um sich Einflusszonen zu sichern.
Die katholische Kirche in Österreich kann angesichts dieser Tragödie nicht schweigend zuschauen. Daher ersuchen die österreichischen Bischöfe die Bundesregierung, für Flüchtlinge aus dem Irak - insbesondere für Angehörige der religiösen Minderheiten - eine Aufnahmemöglichkeit in Österreich zu schaffen. Dies wird in mehreren EU-Staaten - so in Frankreich und Deutschland - diskutiert; ein Vorbild könnte die Aufnahme der vietnamesischen "Boat people" in den achtziger Jahren sein.
Die Zahl der Inlandsflüchtlinge im Irak wird mit zwei Millionen angegeben, weitere 1,8 Millionen sind ins Ausland geflüchtet, insbesondere nach Syrien und nach Jordanien. Beide Länder sind - ohne Unterstützung von außen - mit der Aufnahme der Flüchtlinge überfordert. Daher treten die österreichischen Bischöfe dafür ein, dass ein Hilfsprogramm für irakische Flüchtlinge in Syrien und Jordanien entwickelt wird. Ebenso erscheint es angebracht, für die vielen christlichen Inlandsflüchtlinge im nordirakischen Kurdengebiet Vorsorge zu treffen, damit sie Unterkunft und Arbeit finden können.
Die katholische Kirche in Österreich ist seit vielen Jahren mit katholischen Bischöfen im Irak in engem Kontakt, insbesondere mit dem Erzbischof von Kirkuk, Louis Sako. Die österreichische Caritas ist sowohl in Syrien als auch im nordirakischen Kurdengebiet im Einsatz. Vor diesem Hintergrund laden die österreichischen Bischöfe die Bundesregierung ein, nach dem Vorbild der Aktivitäten während der Balkankriege der neunziger Jahre eine großzügige Hilfsaktion für die bedrängten Menschen aus dem Irak in die Wege zu leiten.
4. Lebenspartnerschaftsgesetz
Die österreichischen Bischöfe haben sich mit dem vom Justizministerium vorgelegten Entwurf zur zivil- und strafrechtlichen Regelung von Lebenspartnerschaften befasst und bekräftigen die vom Generalsekretariat der Österreichischen Bischofskonferenz abgegebene, den Entwurf insgesamt ablehnende Stellungnahme.
Die Bischöfe warnen eindringlich vor einer De facto-Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit Ehe und Familie. Aus guten Gründen steht die Institution Ehe, die auf Familiengründung ausgerichtet ist und mit der Zeugung und Erziehung der Kinder gesellschafts- und staatserhaltend wirkt, seit jeher unter besonderem rechtlichen Schutz des Staates. Eine rechtliche Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften mit der Ehe würde eine Bagatellisierung der Ehe und ihre Diskriminierung bedeuten, weil homosexuelle Partnerschaften die Zielsetzungen der Ehe nicht zu erfüllen vermögen.
Die Ankündigung des Justizministeriums, die rechtliche Anerkennung der Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare werde eine Novellierung des geltenden Eherechtes im Sinne einer Anpassung der Ehe an das neue Gesetz nach sich ziehen, gibt zur Befürchtung Anlass, dass das Eherecht in Zukunft ausgehöhlt wird. Es könnte auch dazu kommen, dass dann doch gleichgeschlechtlichen Paaren sogar das Adoptionsrecht und die Möglichkeit zur künstlichen Befruchtung eingeräumt wird. Man darf Kindern nicht von vornherein verunmöglichen, Mutter und Vater zu haben.
Das im Entwurf des Justizministeriums enthaltene uneingeschränkte sogenannte "Diskriminierungsverbot" für Lebenspartnerschaften stößt auf schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken. Eine solche Bestimmung würde einen Eingriff in die von der Verfassung garantierte innere Freiheit der katholischen Kirche und der anderen, vom Staat anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften bedeuten. Die katholische Kirche lehrt den Respekt vor jedem Menschen, unabhängig von der sexuellen Orientierung, sie muss aber in der Auswahl von Personen für bestimmte Aufgaben und Ämter die Möglichkeit haben, die Bedingungen und Voraussetzungen frei festzulegen und dementsprechend vorzugehen.
Insgesamt entsteht der Eindruck, dass die österreichische Regierung zu wenig tut, um die drängenden gesellschaftlichen Fragen - wie z.B. die demografische Entwicklung und die Förderung der Familie, die auf der dauerhaften Ehe zwischen Mann und Frau basiert - zu bewältigen.