Presseerklärungen zur Herbstvollversammlung 2014
Wortlaut der Presseerklärungen der Sommervollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz, 3. bis 6. November 2014 in Wien.
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1. Familiensynode
Papst Franziskus hat mit der Entscheidung, die Familie zum Thema der Bischofssynode zu machen, ein deutliches Signal für ihren fundamentalen Stellenwert in Gesellschaft und Kirche gesetzt. Vieles wurde im Vorfeld und während der außerordentlichen Versammlung der Synode im vergangenen Oktober deutlich, was für das gegenwärtige Pontifikat bezeichnend ist: Es ist zuerst die Lebensrealität möglichst umfassend in den Blick zu nehmen. Im Licht des Evangeliums und des Glaubens der Kirche wird diese in einem offenen Dialog gedeutet, um die Praxis danach auszurichten.
Aus diesem Grund hat im Vorfeld der jetzigen Synodensitzung eine weltweite Befragung stattgefunden. Die österreichischen Bischöfe haben diesen Schritt begrüßt und unterstützt. In der Folge gab es aus Österreich die im weltweiten Vergleich hohe Beteiligung in Form von rund 34.000 Rückmeldungen. Das Arbeitsdokument für die außerordentliche Sitzung der Bischofssynode und die Diskussion bei der Synode selbst haben gezeigt, dass ein umfassender und realistischer Blick auf die Situation von Ehe und Familie gelungen ist.
Nach zweiwöchigen Beratungen wurde schließlich ein Dokument beschlossen, das gleichzeitig die Grundlage für die kommende ordentliche Versammlung der Bischofssynode (4.-25. Oktober 2015) bildet. Es zeigt jene vom Papst gewollte Haltung der liebevollen Begleitung von Familien und von Menschen auf ihrem Weg zu einer christlichen Ehe. Von den 62 Abschnitten wurden die allermeisten mit großer Einmütigkeit angenommen. Die Passagen über wiederverheiratete Geschiedene und Homosexualität, die zwar die Mehrheit, aber nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit erhalten haben, sind auf Wunsch des Papstes im Dokument verblieben, damit die Diskussion darüber weitergehen kann. Die österreichischen Bischöfe begrüßen diese Entscheidung von Papst Franziskus ausdrücklich.
Schon jetzt zeigt sich, dass durch die Synode vieles differenziert und entkrampft werden konnte. Für den weiteren Weg wird es wichtig sein, einigen Versuchungen zu widerstehen, die der Papst in seiner Schlussansprache deutlich angesprochen hat. Er warnte gleichermaßen vor einer "feindlichen Erstarrung" wie vor einer "falschen Barmherzigkeit" in der katholischen Kirche.
Vor diesem Hintergrund haben die österreichischen Bischöfe beschlossen, sich bei den nächsten beiden Vollversammlungen verstärkt mit dem Thema der Bischofssynode zu befassen. Als Vertreter der Österreichischen Bischofskonferenz bei der ordentlichen Versammlung der Bischofssynode wurde der Feldkircher Diözesanbischof Benno Elbs gewählt. Für den Fall seiner Verhinderung wurde der St. Pöltner Diözesanbischof Klaus Küng für diese Aufgabe gewählt. Zusätzlich wird voraussichtlich Kardinal Christoph Schönborn als Mitglied des Synodenrates an den Beratungen des Weltepiskopats im nächsten Jahr teilnehmen.
2. Novellierung des Islamgesetzes
Die islamische Glaubensgemeinschaft ist seit 1912 eine gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft in Österreich und hat somit denselben rechtlichen Status wie die Katholische Kirche. Vor einem Monat wurde von den zuständigen Ministerien eine schon lange geplante Novelle des Islamgesetzes präsentiert und in Begutachtung gegeben.
Zahlreiche Institutionen, Gruppen und Einzelpersonen haben sich in der Zwischenzeit öffentlich dazu geäußert. Einige davon haben sich mit sehr unterschiedlichen Einschätzungen zur Novelle auch an die Katholische Kirche mit dem Ersuchen gewendet, zu diesem Gesetzesentwurf eine Stellungnahme abzugeben.
Die Bischofskonferenz hat im Rahmen ihrer Vollversammlung die Materie intensiv beraten und darüber hinaus mit den zuständigen Bundesministern Josef Ostermayer und Sebastian Kurz Gespräche geführt. Schließlich haben die Bischöfe beschlossen, dass die Katholische Kirche keine offizielle Stellungnahme zur Novelle des Islamgesetzes abgibt und somit keinen Einwand erhebt.
Diese Vorgangsweise entspricht der bisherigen Gepflogenheit, wonach die Katholische Kirche in der Regel keine Stellungnahme zu einem Gesetz abgibt, das eine andere Kirche, Religionsgesellschaft oder religiöse Bekenntnisgemeinschaft betrifft, zumal der vorliegende Begutachtungsentwurf bei der betroffenen Religionsgesellschaft sowohl auf Ablehnung als auch auf Zustimmung gestoßen ist. Die Katholische Kirche in Österreich mengt sich nicht in die Angelegenheiten anderer Kirchen und Religionen ein. Sie versteht sich vielmehr als Anwältin der Religionsfreiheit, wie sie beim Zweiten Vatikanischen Konzil formuliert wurde. Aus diesem Grund äußert sich die Bischofskonferenz sehr wohl zu religionsrechtlichen Grundsatzfragen - zuletzt beispielsweise im Zusammenhang mit der Novelle zum Gesetz über die staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaften.
Aufgrund der zahlreichen Stellungnahmen zum Islamgesetz erwarten die Bischöfe, dass die zuständigen staatlichen Organe den Dialog mit allen Gruppen suchen, die von der Novelle direkt betroffen sind. Die Katholische Kirche will ihrerseits so wie bisher den interreligiösen Dialog auf allen Ebenen führen und stärken. Nur ein breiter und ehrlicher gesellschaftlicher Dialog mit den muslimischen Mitbürgern kann das Wissen voneinander und jenen Respekt voreinander aufbauen, den eine immer pluraler werdende Gesellschaft mehr denn je braucht.
3. Bürgerinitiative "Fakten helfen!"
Christen sind Freunde des Lebens. Sie sind Freunde des menschlichen Lebens und seiner Umwelt als Mitwelt, des geborenen wie auch des noch nicht geborenen Lebens, Freunde des entfalteten Lebens ebenso wie Freunde des Lebens mit Behinderung und schließlich ganz umgreifend Freunde des zeitlichen und des ewigen Lebens.
Wo immer Menschen eines besonderen Schutzes bedürfen, sind Christen daher aufgefordert, zu helfen und Bedingungen zu schaffen, damit sich Leben entfalten und vollenden kann. Nach wie vor bedeutet es für Frauen oft eine große Belastung, ein Kind zu erwarten. Kirchliche und private Initiativen beraten und unterstützen in diesen Situationen und Notlagen. Hier ist aber auch und besonders der Staat gefordert, die Probleme und Herausforderungen dieser sensiblen Lebensphase bewusst in Blick zu nehmen und Schwangeren dabei bestmöglich zu helfen, dass Kinder zur Welt kommen können.
Der überparteiliche und überkonfessionelle Verein "aktion leben" hat daher die parlamentarische Bürgerinitiative "Fakten helfen!" initiiert und sammelt noch bis zum 15. Dezember Unterschriften dafür. Ziel der Bürgerinitiative ist die Einführung einer anonymen Statistik über Schwangerschaftsabbrüche, wie es in nahezu allen Ländern Europas Standard ist. Zudem sollen regelmäßig die Gründe für Abbrüche erforscht werden.
Verantwortungsvolle Politik braucht verlässliche Fakten, um sinnvolle Maßnahmen zu setzen. Aus diesem Grund ist ein gesichertes Wissen um die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Österreich und über deren Ursachen unabdingbar. Sie sind die Grundlage einer sachgerechten Hilfe für schwangere Frauen und Familien. Ziel ist es, das Leben mit Kindern zu fördern und Schwangerschaftsabbrüche so weit wie möglich zu vermeiden.
Die österreichischen Bischöfe unterstützen daher die Anliegen der Bürgerinitiative "Fakten helfen". Sie laden alle Christen und Menschen guten Willens ein, diese Bürgerinitiative zu unterzeichnen und danken allen, die sich dafür engagieren und bereits unterschrieben haben.
4. Würde am Ende des Lebens
Mit Anerkennung und Dankbarkeit nehmen die Bischöfe die Fortschritte in der Palliativmedizin wahr und sind stolz, in einem Land zu leben, das sich bewusst dazu entschieden hat, mithilfe von Hospiz, Palliative Care und Patientenverfügung den Weg der menschenwürdigen Begleitung am Lebensende zu gehen. Die Bischöfe begrüßen daher die Anstrengungen des österreichischen Parlaments, durch die Einsetzung einer Enquete-Kommission im Geiste der Entschließung "Solidarität mit unseren Sterbenden" aus dem Jahre 2001 den steten Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich voranzutreiben.
Der österreichische Weg mit seinem klaren Ja zu Hospiz, Palliativ und Behandlungsautonomie und seinem genauso deutlichen Nein zu jeglicher Mitwirkung an der Tötung eines Mitmenschen ist Vorbild und Auftrag zugleich. Wenn finanzielle und zeitliche Ressourcen knapp werden, gilt es richtige Prioritäten zu setzen. Solidarität mit jenen Mitmenschen, die durch Krankheit und Alter verletzbar sind und Schutz sowie Begleitung brauchen, muss an erster Stelle stehen. Wir alle, ob krank oder gesund, sind auf andere Menschen angewiesen. Diese Grundkonstante menschlicher Existenz gründet letztlich in der unendlichen Liebe Gottes, die alle Menschen verbindet. Die Geduld mit den Schwächsten unter uns hilft den Weg der geschuldeten Begleitung am Lebensende weiterzugehen, zu vertiefen und zu sichern.