Presseerklärungen zur Frühjahrsvollversammlung 2019
Wortlaut der Presseerklärungen der Frühjahrsvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz, 18. bis 21. März 2019 in Reichenau an der Rax.
1. Kinderschutzgipfel
Verantwortung, Transparenz, Rechenschaft und Prävention – das sind die Grundprinzipien der Kirche beim Umgang mit sexuellem Missbrauch und Gewalt in den eigenen Reihen. Die Verwirklichung dieser Prinzipien war Hauptthema des Kinderschutzgipfels, zu dem Papst Franziskus die Spitzen der Bischofskonferenzen und Ordensgemeinschaften Ende Februar versammelt hatte. Dabei wurde auf weltkirchlicher Ebene das Bewusstsein für die Missbrauchsproblematik weiter geschärft. Konkrete Maßnahmen auf Grundlage der schon bestehenden kirchenrechtlichen Normen gegen sexuellen Missbrauch sollen folgen und sind nötig. Beim Kinderschutzgipfel wurde überdies klar, dass in der Kirche ein Kulturwandel im Umgang mit geistlicher Autorität unabdingbar ist. Die österreichischen Bischöfe unterstützen Papst Franziskus in seinem Bestreben um diesen grundlegenden Wandel und in der Durchsetzung gleicher Standards überall in der Kirche im Kampf gegen Missbrauch.
In Österreich geht die katholische Kirche mithilfe von unabhängigen Expertinnen und Experten einen Weg der Transparenz und Prävention, der ehrlichen Aufarbeitung und der Hilfe für Betroffene. Grundlage dafür sind die 2010 von der Bischofskonferenz beschlossenen und 2016 novellierten Richtlinien gegen Missbrauch und Gewalt. Sie stehen unter dem biblischen Leitwort „Die Wahrheit wird euch frei machen“ (Joh 8,32). Sie haben sich bewährt und haben im internationalen Vergleich Vorbildwirkung.
Um die konsequente Einhaltung dieser Richtlinien und ihre Weiterentwicklung sicherzustellen, hat die Bischofskonferenz einen Beirat unter dem Vorsitz von Bischof Benno Elbs eingerichtet, der sich am 9. März konstituiert hat. Weitere Mitglieder sind der Salzburger Weihbischof Hansjörg Hofer sowie Frauen und Männer, die über Expertise in der Missbrauchsthematik verfügen. Es sind dies Prof. Reinhard Haller, Prof. Johannes Wancata, Christiane Sauer, Melanie Bartoloth-Dauschan, Elisabeth Wieser-Hörmann sowie Rita Kupka-Baier. Der Beirat will eine allgemeine Haltung des bewussten Hinschauens stärken, damit jedem Verdachtsfall konsequent nachgegangen wird. Sie ist die Grundlage für Präventionsmaßnahmen, die weiter ausgebaut werden sollen.
Besonders seit 2010 hat die Kirche in Österreich zahlreiche Maßnahmen im Kampf gegen Missbrauch und Gewalt und für den Kinderschutz ergriffen (siehe Bericht/Punkt 6 der Presseerklärungen). Sie machen das Leid jener nicht ungeschehen, die durch die Kirche und ihre Verantwortungsträger Schutz und Fürsorge gebraucht hätten, aber das Gegenteil erfahren haben. Es darf nie mehr passieren, dass das Ansehen der Institution über die Leiden der Opfer gestellt wird, dass Täter lediglich versetzt und Verbrechen vertuscht werden. Darauf haben sich die Bischöfe und alle kirchlichen Amtsträger in Österreich verpflichtet und davon darf nicht abgewichen werden.
Gewalt gegen und sexueller Missbrauch von Minderjährigen sind eine leidvolle Realität vor allem im privaten Umfeld und in der ganzen Gesellschaft. Ziel muss eine breite gesellschaftliche Allianz sein, um das nach wie vor verbreitete Tabu darüber aufzubrechen und Kinder noch besser zu schützen.
2. Pfarrgemeinderäte
Pfarrgemeinderäte sind als eine Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils Ausdruck einer synodalen Kirche. Sie tragen und inspirieren durch Mitverantwortung und Beteiligung das pfarrliche Leben seit 50 Jahren. 1969 wurde erstmals in einer österreichischen Diözese eine Pfarrgemeinderatswahl durchgeführt. Seit 1987 finden diese alle fünf Jahre gleichzeitig in ganz Österreich statt. Von den aktuell rund 45.000 Mitgliedern der Pfarrgemeinderäte sind rund 30.000 direkt gewählt, fast die Hälfte davon zum ersten Mal. Ihre Erneuerungskraft ist ein Hoffnungszeichen für die Kirche in Österreich.
In den letzten 50 Jahren haben sich Kirche und Gesellschaft stark gewandelt. Immer deutlicher wird, dass eine partizipative Kirche nicht nur ihren neutestamentlichen Anfängen entspricht, sondern auch die Antwort auf die gegenwärtigen Herausforderungen ist. Nur über echte Beteiligung identifizieren sich Menschen so sehr mit dem Evangelium, dass ihr Leben und Wirken überzeugend, anziehend und somit auch missionarisch ist. Die Teilhabe möglichst vieler ermöglicht es, dass sich Talente entwickeln und Neues entstehen kann. Echte Partizipation ist eine Haltung, bei der es um ein Teilen von Verantwortung und die Übergabe von Gestaltungsspielräumen geht. Wenn heute in der Kirche auch wegen mangelnder Partizipation erschreckende Formen des Missbrauchs geistlicher Autorität sichtbar werden, dann müssen partizipative und transparente Strukturen umso mehr gestärkt werden. Allein von daher haben und gestalten Pfarrgemeinderäte Zukunft.
Welche Rolle können und sollen Pfarrgemeinderäte angesichts der gegenwärtigen Veränderungsprozesse in den kirchlichen Basisstrukturen haben? Nach welchen Kriterien sollen künftig Pfarrgemeinderäte gewählt und bestellt werden? In welchen Bereichen gilt es die Beteiligung so weit zu stärken, dass aus einem beratenden Gremium ein entscheidendes wird? Wer soll künftig den Vorsitz in einem Pfarrgemeinderat führen? Dies sind nur einige Fragen, die die Bischöfe mit den Frauen und Männern in den Pfarrgemeinderäten beraten und klären wollen.
Einem Vorschlag der diözesanen Verantwortlichen für die Pfarrgemeinderäte (PGRÖ) folgend wird die Bischofskonferenz daher im kommenden Jahr zu einem Pfarrgemeinderatskongress einladen. Er wird vom 21. bis 23. Mai 2020 in Saalfelden stattfinden. Die Vorbereitung dafür haben die PGRÖ übernommen.
3. Ethische Geldanlage und Klimawandel
Mit der Enzyklika Laudato Si´ hat Papst Franziskus 2015 ein christliches Lebensprogramm und ein Überlebensprogramm für die Menschheit vorgelegt. Es ist ein epochales Dokument über die ökologischen, sozialen, wirtschaftlichen sowie spirituellen Gefährdungen und Perspektiven der uns anvertrauten Welt. Es geht dabei um eine „ökologische Umkehr“, die am persönlichen Lebensstil ansetzt und bis zur Etablierung einer weltweiten öko-sozialen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung reicht. Besonders deutlich wird die globale Dimension ökologischer Herausforderungen beim Klimawandel, den es einzudämmen gilt.
Die „Sorge für das gemeinsame Haus“ ist ein zentrales Thema dieses Pontifikats und der Kirche. Aus diesem Grund hat die Österreichische Bischofskonferenz bereits im Herbst 2015 mit der Umsetzung der Enzyklika begonnen und sich für eine nachhaltige und klimafreundliche Führung und Ausrichtung der Diözesen entschieden. Damit verbunden ist eine Wende hin zu erneuerbarer Energie.
Vor diesem Hintergrund haben die Bischöfe im Herbst 2017 die „Richtlinie Ethische Geldanlagen“ (FINANKO) beschlossen. Die Kriterien der Richtlinien folgen dem bewährten Dreiklang einer ökumenisch-christlichen Ethik und lauten Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Die ethischen Veranlagungsrichtlinien bieten Bewertungen hinsichtlich Anlageformen wie Fonds, Derivative, Indexprodukte oder Rohstoffe wie Gold. Die Prinzipien des ethischen Investments lauten „Verändern - Fördern - Verhindern“ und werden umgesetzt durch konkrete Ausschlusskriterien, den „Best-in-Class-Ansatz“ im Blick auf besonders veranlagungs- und somit förderungswürdige Projekte und durch „Engagement“ zwecks konkreter Einflussnahme auf Institutionen mittels Investitionen.
Kirchliche Finanzmittel dürfen keine zerstörerische Wirkung auf das Klima haben. Daher hat die Österreichische Bischofskonferenz jetzt beschlossen, die Divestment-Erklärung im Rahmen des Global Catholic Climate Movement (GCCM) zu unterzeichnen und die ethischen Veranlagungsrichtlinien entsprechend anzupassen. Zusätzlich zum bereits bestehenden Ausschluss von Kohleförderung und Fracking in allen Vermögensklassen bedeutet das konkret, dass die Kirche in den kommenden fünf Jahren mit ihren Geldveranlagungen aus allen Unternehmen aussteigt, die fossile Brennstoffe (Kohle, Öl, Erdgas) fördern bzw. produzieren.
Dieser Vollausstieg gilt für alle Diözesen, die Österreichische Bischofskonferenz und alle ihre Einrichtungen. Um die Anwendung und Interpretation der jetzt verschärften ethischen Veranlagungsrichtlinien zu sichern, wird zudem als neues Instrument eine Ständige Kommission eingerichtet.
4. Ethikunterricht
Die Österreichische Bischofskonferenz begrüßt ausdrücklich das Vorhaben der Bundesregierung, den Ethikunterricht ab dem Schuljahr 2020/21 für jene Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II einzuführen, die keinen konfessionellen Religionsunterricht besuchen. Dieses Modell hat sich seit 1997 im Rahmen von zahlreichen Schulversuchen bewährt und stützt sich auf eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Vermittlung ethischer Bildung gehört zu den Kernaufgaben der Schule. Für viele Schüler wird dieser Auftrag im Religionsunterricht erfüllt, weil er immer schon ethische Fragen behandelt, ohne sich darin zu erschöpfen.
Von rund einer Million katholischen Schülern in Österreich besuchen gegenwärtig rund 90 Prozent den Religionsunterricht trotz der bestehenden Abmeldemöglichkeit. Dies ist ein Ausweis für die hohe Akzeptanz und Qualität des Religionsunterrichts. Dieser stellt sich den existenziellen Fragen rund um das Woher, Wohin und den Sinn des Lebens und reflektiert sie in einer erklärt christlichen Haltung.
Der geplante Ethikunterricht ist vor allem in Hinblick auf die zunehmend größer werdende Gruppe der Schüler ohne religiöses Bekenntnis sinnvoll und notwendig. Sie sollen wie bisher die Freiheit haben, für den Religionsunterricht zu optieren. So entscheiden sich schon jetzt jährlich rund 21.000 Schüler ohne religiöses Bekenntnis für den katholischen Religionsunterricht. Für diejenigen, die keinen Religionsunterricht wählen, wird künftig der Ethikunterricht zur Pflicht.
Inhaltlich gibt es zwischen Religions- und Ethikunterricht große Schnittmengen. Der Ethikunterricht kann mit einer Rundreise verglichen werden, auf der die unterschiedlichen Wertesysteme vorgestellt werden. Der Religionsunterricht bietet darüber hinaus die Beheimatung in der eigenen Konfession an. Im Religionsunterricht wird nicht nur über Religion gesprochen, hier werden auch Räume eröffnet, um die eigene religiöse Identität zu erfahren und zu reflektieren.
Beide Fächer gehören in die Mitte des Bildungsangebots und des Schulalltags. Dafür braucht es künftig auch eine gute Zusammenarbeit zwischen Religions- und Ethikunterricht an den einzelnen Schulen. Voraussetzung dafür ist, dass die organisatorischen Rahmenbedingungen für beide Gegenstände gleich gestaltet sind. Dies betrifft etwa die Anzahl der Wochenstunden. Bereits im Schulversuch Ethik hat es sich bewährt, dass Religionslehrende mit entsprechender Zusatzausbildung das Fach unterrichtet haben. Das soll auch mit der Einführung des Ethikunterrichts so bleiben.
5. Wahlen zum Europäischen Parlament
Vom 23. bis 26. Mai 2019 sind die Bürgerinnen und Bürger in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union aufgerufen, die Abgeordneten des Europäischen Parlaments neu zu wählen. Das Ergebnis dieser Wahl hat weitreichende Konsequenzen für die EU und die politische Entwicklung der nächsten fünf Jahre in ganz Europa und darüber hinaus. Die österreichischen Bischöfe unterstützen und begleiten aus fester Überzeugung die europäische Integration, weil es dabei um das friedliche Zusammenleben in Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität und somit um höchste politische Werte geht. Vor diesem Hintergrund sollen möglichst alle ihr demokratisches Wahlrecht nutzen.
Österreich hat vor 25 Jahren durch ein eindrucksvolles Votum Ja zu Europa gesagt. Wenige Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gab es damals große Erwartungen und Hoffnungen, die sich leider nur teilweise erfüllt haben. Auch wenn die faktische Trennung aufgehoben ist, die „Grenze im Kopf und in den Herzen“ ist in vielen Bereichen noch immer schmerzlich erfahrbar und wirkt weiter. Daher braucht Europa eine Politik des Konstruktiven und der Inklusion und nicht der Spaltung und der Ausgrenzung.
Gefragt ist in der gegenwärtigen Situation eine informierte Wahlentscheidung. Dabei gibt es einige grundlegenden Themen, die es zu bedenken gilt. So verursacht die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung unserer Welt einen grundlegenden Wandel der Arbeitswelt. In diesem Prozess gilt es, die technischen Möglichkeiten als Unterstützung, aber nicht als Ersatz des Menschen im Arbeitsprozess zu verstehen. Arbeit ist mehr als Broterwerb, sie verleiht dem Menschen Würde. Ziel der Politik der Europäischen Union muss es sein, möglichst vielen Menschen eine „Arbeit in Würde“ zu ermöglichen. Das gilt im besonderen Maß für junge Menschen, die ohne Arbeit jede Zukunftsperspektive zu verlieren drohen.
Die Folgen des Klimawandels sind in vielen Bereichen schon jetzt spürbar. Die notwendigen und ambitionierten Anstrengungen, um nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen, müssen gerecht aufgeteilt werden und dürfen nicht auf Kosten der Menschen an den Rändern unserer Gesellschaft gehen. Eine nachhaltige Politik verlangt neben technischen Lösungen eine „ökologische Umkehr“ und das Eingeständnis, dass der Mensch nicht Herr, sondern rechenschaftspflichtiger Verwalter der Schöpfung ist.
An den politischen Grenzen Europas sind bewaffnete Konflikte wieder Realität geworden. Europa muss bereit sein, mehr Verantwortung für Sicherheit zu übernehmen. Dabei gilt es auch präventiv den Frieden zu sichern und potentielle Konflikte zu entschärfen, bevor sie ausbrechen. Entwicklungszusammenarbeit, vor allem mit den Ländern Afrikas, muss ein Teil dieser Bemühungen sein. Solidarität darf kein leeres Versprechen sein, sondern bedarf des tatkräftigen Einsatzes. (forts.)
Flucht und Migration haben konkrete Ursachen und bleiben eine Herausforderung für Europa. Eine gerechte Lösung wird nur im Rahmen einer gemeinsamen europäischen Politik zu finden sein. Sie muss sowohl der Subsidiarität, der Tragkraft und den Möglichkeiten der einzelnen Mitgliedsstaaten als auch der Solidarität, der gegenseitigen Hilfe und Unterstützung der Mitgliedsstaaten gerecht werden. Dabei darf nicht aus den Augen verloren werden, dass im Mittelpunkt dieses Bemühens konkrete Menschen stehen.
All das ist nicht in nationalstaatlichem Egoismus zu lösen, sondern bedarf des konzertierten Zusammenwirkens aller Mitglieder der europäischen Familie. Das Fundament des Europäischen Projekts ist der Wille, in Europa Frieden zu schaffen und zu erhalten. Sich dafür einzusetzen und daran mitzuarbeiten ist auch eine Aufgabe der Christen, deren Mitdenken, Mitbeten, Mitwirken und Mitarbeiten die Europäische Union heute vielleicht mehr bedarf als je zuvor.
6. Maßnahmen der Katholischen Kirche in Österreich gegen Missbrauch und Gewalt1
a) Ausgangssituation
Das Jahr 2010 brachte im Bereich der Katholischen Kirche in Österreich einen Perspektivenwechsel und Qualitätssprung im Umgang mit sexuellem Missbrauch und Gewalt im kirchlichen Bereich. Angestoßen von der Missbrauchsdebatte in Deutschland, die im Jänner 2010 durch das aktive Handeln des damaligen Rektors des Jesuitengymnasiums „Canisius-Kolleg“ in Berlin, Pater Klaus Mertes, ins Rollen gekommen ist, erfasste das Thema erneut die Kirche in Österreich, die bereits 1995 und 1998 mit den Missbrauchsvorwürfen gegen Kardinal Hans Hermann Groer konfrontiert war. Als eine Maßnahme zum Schutz der Opfer wurden damals kirchliche Ombudsstellen eingerichtet. Zuerst in der Erzdiözese Wien im Jahr 1995 – erster Leiter war der renommierte Kinder- und Jugendpsychiater Max Friedrich – weitere Diözesen folgten.
Bereits 2009 begann sich anlässlich der Wahl und Weihe des neuen Abtes von Stift St. Peter, Salzburg, eine neue Krise in Österreich abzuzeichnen. In der Folge entstand in Österreich befeuert durch das Bekanntwerden von Missbrauchsfällen im Berliner Canisiuskolleg eine breite öffentliche Debatte um sexuellen Missbrauch und Gewalt in der Kirche. Begleitet wurde dies von der größten Kirchenaustrittswelle seit Ende der NS-Zeit, sodass allein 2010 insgesamt 85.960 Katholiken die Kirche verließen.
Vor diesem Hintergrund beschloss im März 2010 die Bischofskonferenz, dass die bisherigen unterschiedlichen diözesanen Regeln österreichweit möglichst rasch vereinheitlicht werden sollen und dabei auch die Ordensgemeinschaften einzubeziehen sind. „Entscheidend ist der klare und konsequente Umgang der kirchlichen Verantwortungsträger mit konkreten Verdachtsfällen und Vorwürfen. Die Sorge um die Opfer muss an erster Stelle stehen. Entsprechende Konsequenzen für die Täter sind zu ziehen“, lautete die Vorgabe und der Auftrag der Bischofskonferenz an eine von ihr eingesetzte Kommission zur Erarbeitung österreichweiter Richtlinien.
Bei einem Bußgottesdienst in der Karwoche am 31. März 2010 im Wiener Stephansdom, dem der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Christoph Schönborn, vorstand, wurde ein vielbeachtetes Schuldbekenntnis (veröffentlicht auch in der Rahmenordnung der Bischofskonferenz) abgelegt. Der Gottesdienst wurde mit Betroffenen von Missbrauch und Gewalt sowie mit Vertretern der Plattform „Wir sind Kirche“ vorbereitet.
b) Unabhängige Opferschutzkommission und Stiftung Opferschutz
Das Ausmaß der Meldungen von Betroffenen, die in den bestehenden diözesanen Ombudsstellen, aber nicht nur dort, eingingen, übertraf alle Erwartungen bzw. Befürchtungen. Deshalb ging die Bischofskonferenz einen Schritt weiter: Kardinal Christoph Schönborn ersuchte im April 2010 als Vorsitzender der Bischofskonferenz LH a.D. Waltraud Klasnic, eine Unabhängige Opferschutzanwaltschaft (UOA) einzurichten, damit die vorgebrachten Beschuldigungen auch unabhängig geprüft und bewertet werden.
In der Folge stellte Waltraud Klasnic von sich aus und völlig frei in der Entscheidung die Unabhängige Opferschutzkommission zusammen, der folgende Personen angehören:
- Dr. Brigitte Bierlein, Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes
- Univ. Prof. Dr. Reinhard Haller, Psychiater und Neurologe
- Prof. Dr. Udo Jesionek, Präsident der Opferhilfsorganisation „Weißer Ring“
- Mag. Ulla Konrad, von 2006-2014 Präsidentin des Berufsverbandes Österreichischer Psychologinnen und Psychologen, Vorstand der Concordia-Privatstiftung
- Dr. Werner Leixnering, ehemals Leiter der Abteilung für Jugendpsychiatrie der Landesnervenklinik Linz
- Mag. Caroline List, Präsidentin des Landesgerichts für Strafsachen Graz, Mitbegründerin des „Forums gegen sexuellen Missbrauch“
- Dr. Kurt Scholz, von 1992 bis 2001 Präsident des Wiener Stadtschulrates, Vorsitzender des Zukunftsfonds der Republik Österreich
- Dr. Hubert Feichtlbauer, Publizist und ehemaliger Vorsitzender der Plattform „Wir sind Kirche“, gehörte der Kommission bis zu seinem Ableben 2017 ebenfalls an
Gleichzeitig wurde eine Bürostruktur (Unabhängige Opferschutzanwaltschaft – UOA) geschaffen, um die eingehenden Meldungen bearbeiten zu können. Die UOA sollte – zusätzlich zu den diözesanen Ombudsstellen – als Erstanlaufstelle für Betroffene fungieren. Befristet war dies mit 31. Mai 2011. In den ersten drei Monaten nach Bekanntgabe der Einrichtung der Unabhängigen Opferschutzkommission (UOK), allgemein „Klasnic-Kommission“ genannt, gingen an die 1.000 Meldungen ein.
Die Kommission entscheidet über die Zahlung einer Finanzhilfe und/oder Therapiestunden. Das Reglement dazu hat die Kommission selbst erarbeitet und einstimmig beschlossen. Es sieht Hilfszahlungen nach Schwere der Vorfälle eingeteilt in vier Kategorien vor (5.000 € – 15.000 € – 25.000 € – und in besonders schweren Fällen über 25.000 €), gegebenenfalls werden Therapiestunden finanziert.
Ebenso wurde die kirchliche Stiftung Opferschutz der Katholischen Kirche gegründet, deren Auftrag es ist, die Empfehlungen der Unabhängigen Opferschutzkommission umzusetzen. Ausdruck einer alle Bereiche der kath. Kirche in Österreich betreffenden Zuständigkeit ist ihre Zusammensetzung: So ist das Kuratorium mit der Vorsitzenden der Vereinigung der Frauenorden Österreichs, dem Vorsitzenden der Superiorenkonferenz und einem Bischof besetzt, ebenso ist der Vorstand paritätisch mit Vertretern von Orden und Diözesen besetzt.
Die Arbeitsweise der „Klasnic-Kommission“ hat in Österreich einen neuen Standard im Umgang mit Gewalt und Missbrauch gesetzt und wurde zum Vorbild für später auf Ebene der Bundesländer eingerichtete staatliche Kommissionen. Das Modell gilt auch international als vorbildhaft. So sind z.B. die zuerkannten kirchlichen „Hilfszahlungen“ in Österreich um ein Vielfaches höher als in Deutschland.
c) „Die Wahrheit wird euch frei machen“
„Die Wahrheit wird euch frei machen“ – dieses Wort Jesu (Joh 8,32) ist leitend für das entschiedene Bemühen der katholischen Kirche in Österreich im Umgang mit Missbrauch und Gewalt. Unter diesem Titel hat die Österreichische Bischofskonferenz im Juni 2010 eine Rahmenordnung beschlossen, die Maßnahmen, Regelungen und Orientierungshilfen bietet. Gleichlautende Beschlüsse wurden von der Vollversammlung der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs und der Vollversammlung der Vereinigung der Frauenorden Österreichs getroffen.
Damit ist sichergestellt, dass die Rahmenordnung für den gesamten kirchlichen Bereich gilt und alle haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verpflichtet. So müssen sich kirchliche Bedienstete nachweislich auf die Inhalte der Rahmenordnung schriftlich verpflichten. Im ehrenamtlichen Bereich erhalten beispielsweise in der Erzdiözese Wien alle Mitglieder des Pfarrgemeinderats die Richtlinien. Darüber hinaus muss es in jedem Pfarrgemeinderat einen Beauftragten für diese Thematik geben.
Die Rahmenordnung der Bischofskonferenz wurde in der Folge überarbeitet, von der vatikanischen Glaubenskongregation approbiert und ist in dieser Form seit 2016 in Kraft. Sie ist im Volltext unter www.ombudsstellen.at/rahmenordnung abrufbar. Es gibt dazu Übersetzungen auf Englisch, Französisch, Spanisch, Polnisch, Kroatisch, Bosnisch Serbisch, damit sie in den fremdsprachigen katholischen Gemeinden leichter angewendet werden kann.
Ziel der kirchlichen Maßnahmen ist es, erlittenes Unrecht so weit wie möglich anzuerkennen und Konsequenzen für die Täter festzulegen. Gleichzeitig gilt es Missbrauch und Gewalt bzw. deren Duldung durch Wegschauen mittels breiter Präventionsmaßnahmen zu verhindern.
d) Weiterentwicklung der Strukturen und Standards
Die Funktion der UOA als Erstanlaufstelle endete mit 31. Mai 2011. Seit dem 1. Juni 2011 melden sich Betroffene direkt bei einer diözesanen Ombudsstelle. Die Wahl der Ombudsstelle steht den Betroffenen frei, richtet sich aber in der Regel nach dem aktuellen Wohnsitz.
Mit Februar 2013 wurden die Diözesankommissionen eingerichtet, deren Aufgabe es ist, die erhobenen Vorwürfe im Gespräch mit den zuständigen Kirchlichen Oberen und dem/den Beschuldigten zu überprüfen und Vorschläge für zu setzende Maßnahmen zu machen.
Um die Arbeit der einzelnen im kirchlichen Opferschutz tätigen Stellen abzustimmen wurden 2016 und 2017 „Gemeinsame Standards und Arbeitsweise der im Kirchlichen Opferschutz tätigen Stellen in der Vor- und Nachbereitung von Entscheidungen durch die UOK“ entwickelt (zuletzt aktualisiert am 29. Mai 2017). Dabei wurde auch eine einheitliche Terminologie festgelegt.
Der aktuelle Ablauf sieht ein mehrstufiges Verfahren vor:
1) Betroffene wenden sich an eine Ombudsstelle.
2) Die Diözesankommission prüft die Vorwürfe, holt Stellungnahmen der Beschuldigten bzw. der Institutionen ein und schlägt Maßnahmen vor.
3) Die Unabhängige Opferschutzkommission entscheidet über Finanzhilfe und Therapie.
4) Die Stiftung Opferschutz bindet sich an die Entscheidung der UOK und setzt diese um.
Ziel dieser Maßnahmen im Blick auf Betroffene ist es, erlittenes Unrecht wahrzunehmen und finanzielle und/oder therapeutische Hilfe anzubieten. Von Beginn an wurde auf die Bezeichnung „Entschädigung“ verzichtet, da es praktisch unmöglich ist, erlittenes Unrecht zu quantifizieren, insbesondere da das Verfahren auf Glaubhaftmachung und nicht auf Beweisführung ausgerichtet ist. Weiters sollen Konsequenzen für Beschuldigte festgelegt und Missbrauch und Gewalt oder deren passive Duldung durch breite Präventionsmaßnahmen verhindert werden.
- Primäres Ziel aller Bemühungen ist Hilfe und Gerechtigkeit für die Betroffenen. Dazu hat die Kirche in jeder Diözese eine Ombudsstelle eingerichtet. Diese wird von unabhängigen Fachleuten geleitet, die ihre Tätigkeit weisungsfrei ausführen. Die Ombudsstellen sind für den Erstkontakt und eine erste Klärung von Verdachtsfällen sowie für die Rechtsberatung und Begleitung der Betroffenen zuständig. Die diözesanen Ombudsstellen übernehmen als erste Anlaufstelle gegebenenfalls für Betroffene auch Kosten für Therapiestunden, wenn dies im Zuge der Erhebungsphase notwendig ist.
- Zusätzlich – und ein Stück unabhängig davon – zu den im Kirchenrecht vorgesehenen Maßnahmen im Hinblick auf eine kirchliche Voruntersuchung (kirchenrechtliches Verfahren gegen den Beschuldigten, wenn es sich um Priester handelt) gibt es in jeder Diözese eine Diözesankommission, die auf Grundlage des Berichts der Ombudsstelle/n und der eigenen Erhebungen die weiteren Konsequenzen für den Beschuldigten mit dem Ordinarius berät. Besteht ein begründeter Verdacht, so wird der Beschuldigte bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts dienstfrei gestellt. Um das Anliegen, dass das Thema Missbrauch die gesamte Kirche Österreichs trifft, abzubilden, sind die Männer- und Frauenorden in jeder Diözesankommission vertreten.
- Erhärtet sich ein Verdacht, empfiehlt die Ombudsstelle dem Betroffenen, Anzeige zu erstatten. Besteht außerdem die Gefahr, dass durch den Beschuldigten nach wie vor Personen zu Schaden kommen könnten, ist deren Schutz vorrangig. In diesem Fall wird auf Initiative der Kirchenleitung der Sachverhalt zur Anzeige gebracht. Darüber hinaus wird der Beschuldigte vom kirchlichen Leitungsverantwortlichen zur Selbstanzeige aufgefordert.
- Die Rahmenordnung klärt die Vorgangsweise bei strafrechtlichen Verfahren gegen einen Beschuldigten im Rahmen des Kirchenrechts, bei dem nach der diözesanen Voruntersuchung die vatikanische Glaubenskongregation als zuständige Stelle über die weitere Vorgangsweise entscheidet. Im Unterschied zum staatlichen Recht sieht das Kirchenrecht dabei strengere Kriterien (Schutzalter, Verjährung) vor. Im Falle der erwiesenen Schuld können Kleriker strafweise aus dem Klerikerstand bzw. Mitglieder von Ordensgemeinschaften entlassen werden, aber auch andere Strafen verhängt werden. Eine Schadensersatzklage des Opfers ist ebenfalls möglich.
- Die Rahmenordnung legt fest, dass pädophile Missbrauchstäter keinesfalls wieder in der Pastoral eingesetzt werden, wo ein Kontakt zu Kindern und Jugendlichen besteht. Über mögliche Einsätze in anderen Bereichen wird im Einzelfall und unter Berücksichtigung eines forensisch-psychiatrischen Gutachtens entschieden, wobei die größtmögliche Sicherheit für die Menschen im Wirkungsbereich maßgeblich ist.
- Diverse Maßnahmen im Bereich der Prävention betreffen die Auswahl und Aufnahme von Personen in den kirchlichen Dienst, die Aus- und Weiterbildung sowie die Einrichtung einer Stabsstelle für Missbrauchs- und Gewaltprävention in jeder Diözese.
- Die Bischofskonferenz hat seit November 2018 einen Beirat eingesetzt, der auf die Einhaltung der Richtlinien achtet, die Bischofskonferenz berät und die Prävention stärken soll. Den Vorsitz führt der Feldkircher Bischof Benno Elbs. Weitere Mitglieder sind der Salzburger Weihbischof Hansjörg Hofer und als Experten Prof. Reinhard Haller, Prof. Johannes Wancata, Christiane Sauer, Melanie Bartoloth-Dauschan, Elisabeth Wieser-Hörmann sowie Rita Kupka-Baier.
e) Statistik2
Seit 2010 hat die Unabhängige Opferschutzkommission 2.193 Fälle entschieden, davon 171 bei denen keine Finanzhilfe und Therapie zugesprochen wurden. 180 Fälle sind derzeit in Bearbeitung.
Den Betroffenen wurden bisher in Summe 27,8 Mio. Euro zuerkannt, davon 22,1 Mio. Euro als Finanzhilfen und 5,7 Mio. Euro für Therapien (von den zugesprochenen Therapien wurden bislang 2 Mio. Euro ausbezahlt).
Gemäß Beschluss der Bischofskonferenz kommen die Mittel nicht aus dem Kirchenbeitrag, sondern aus sonstigen Einnahmen (z.B.: Mieten, Pachten, Liegenschaftsverkäufe).
Insgesamt wurden 5.198 Vorfälle gemeldet und von der kirchlichen „Stiftung Opferschutz“ statistisch erfasst. Bei 31 % aller Vorfälle handelte es sich um sexuellen Missbrauch. Bei allen anderen Vorfällen ging es um körperliche Gewalt.
Eine Auswertung der kirchlichen „Stiftung Opferschutz“ zeigt, dass sich viele Übergriffe in den von der Kirche im staatlichen Auftrag geführten Kinderheimen und Heimen für schwer erziehbare Jugendliche ereignet haben. Die Schließung dieser Heime ist ein wichtiger Grund, weshalb die Fälle seit den 1980er-Jahren deutlich zurückgegangen sind.
Die meisten Vorfälle sind rechtlich verjährt und haben sich hauptsächlich in den 1960er Jahren (37,1 %) und 1970er Jahren (30,8 %) ereignet; 4,7 % der Vorfälle, die meist weit zurückliegen, konnte nicht zeitlich zugeordnet werden. 14,4 % haben sich in den 1950er Jahren oder früher ereignet. Somit sind 51,5 % der Vorfälle vor 1970 geschehen, 30,8 % in den 1970er Jahren, 9 % in den 1980er Jahren, 3,2 % in den 1990er-Jahren und 0,8 % seit 2000.
33,6 % der Betroffenen von Gewalt oder Missbrauch sind weiblich, 66,4 % männlich. Hinsichtlich des Alters der Betroffenen bildet mit 60,6% die Gruppe der 6- bis 12-Jährigen die größte. 7,1 % der Betroffenen waren jünger als sechs Jahre, 23,1 % waren in der Gruppe der 13- bis 18-Jährigen, 0,9 % waren über 18 Jahre und bei 8,3 % ist das Alter beim Übergriff nicht bekannt.
Die kirchliche Vorgangsweise ermöglicht, dass Betroffene – auch im Falle der Verjährung – unbürokratisch Hilfe erhalten, ohne den Rechtsweg beschreiten zu müssen, der ihnen weiterhin offensteht. In diesem Fall behält sich die für die gegebene Finanzhilfe zuständige kirchliche Stelle jedoch vor, allenfalls bereits getätigte Zahlungen geltend zu machen.
Die rund 2.000 belegten Fälle von Gewalt und Missbrauch sind schmerzhaft und machen ein Versagen der Katholischen Kirche deutlich. Dennoch muss man gesichert davon ausgehen, dass Missbrauch und Gewalt ein gesamtgesellschaftliches Problem sind. Allein die Stadt Wien (Stichwort: Jugendheim Wilhelminenberg) ist mit rund doppelt so viel Fällen konfrontiert wie die Katholische Kirche in ganz Österreich. Hinzu kommen noch Betroffene in anderen Einrichtungen der Länder und des Bundes. Studien belegen Missbrauch und Gewalt in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen, wie z.B. im Sport, aber vor allem auch im familiären Umfeld.
f) Prävention stärken
Grundlage für die kirchliche Präventionsarbeit ist ein fundiertes Wissen über Gewalt und Missbrauch und die Gefährdungspotentiale im kirchlichen Bereich.
Hinsehen statt wegschauen – das ist das Leitwort kirchlicher Präventionsmaßnahmen, die maßgeblich von den diözesanen Stabsstellen für Missbrauchs- und Gewaltprävention geleistet werden. Ziel ist es, dass möglichst viele kirchliche Mitarbeiter ihre Verantwortung wahrnehmen, damit Missbrauch und Gewalt keinen Platz in der Kirche haben. Diese wird geleistet durch
- Sensibilisierung für die Themen verantwortungsvoller Umgang mit Nähe und Distanz, mit Macht, Gewalt und sexuellem Missbrauch
- Null-Toleranz-Haltung: konsequenter Umgang mit Verdachtsfällen
- Professionalisierung kirchlichen Mitarbeiter in Achtsamkeit und respektvollem Umgang mit Kindern und Jugendlichen oder ihnen anvertrauten besonders schutzwürdigen Menschen
- Information, Beratung und Sensibilisierung aller kirchlichen Mitarbeiter, damit sie Grenzverletzungen in ihrem Umfeld rasch erkennen und richtig handeln
- Erarbeitung konkreter Checklisten und Verhaltensregeln (z.B.: „Unter vier Augen“ bzw. „Mein sicherer Ort“) für Personen in der kirchlichen Jugendarbeit
- Zusammenarbeit mit außerkirchlichen Einrichtungen
g) Staatsakt und Heimopferrente
Mit einem Staatsakt am 17. November 2016 im Historischen Sitzungssaal des Parlaments unter dem Titel „Geste der Verantwortung“ setzten das offizielle Österreich und die katholische Kirche einen bedeutsamen Akt, um das Unrecht anzuerkennen, das Heimkinder in den vergangenen Jahrzehnten in staatlichen und kirchlichen Einrichtungen erlitten haben. Im Umgang mit Missbrauch kann es nur den Weg der Wahrheit geben. Das betonte Kardinal Christoph Schönborn und sagte in seiner Rede in Richtung der 250 anwesenden Missbrauchs-Betroffenen: „Wir haben in der Kirche, wie auch im Staat, zu lange weggeschaut. Wir haben vertuscht, wir haben, wenn Missbrauch bekannt geworden ist, Leute versetzt und nicht abgesetzt. Für diese Schuld der Kirche stehe ich heute vor Ihnen und sage: Ich bitte um Vergebung.“
Als Zeichen staatlicher Verantwortung beschloss der Nationalrat am 26. April 2017 einstimmig das Heimopferrentengesetz, das seit 1. Juli 2017 in Kraft ist und von der katholischen Kirche ausdrücklich begrüßt wurde. Anerkannte Opfer von Gewalt und Missbrauch in Heimen, Internaten und Pflegefamilien erhalten so ab Pensionsantritt zusätzlich vom Staat eine monatliche Rente in der Höhe von € 300,--, die jährlich valorisiert wird.
1 Im Hinblick auf die bessere Lesbarkeit des Textes werden nicht die grammatikalischen Formen für beide Geschlechter verwendet. Personenbezogene Bezeichnungen gelten unabhängig von der gewählten Form für Personen beiderlei Geschlechts.
2 Die Angaben beziehen sich auf den Stand zum 22.3.2019