Presseerklärungen zur Sommervollversammlung 2021
Wortlaut der Presseerklärungen der Sommervollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz, 14. bis 16. Juni 2021 - Mariazell.
1. Synodalität - Auf dem Weg zur Bischofssynode
„Eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation, Mission“ – unter diesem Thema steht die nächste Bischofssynode zu deren Vorbereitung Papst Franziskus einen weltweiten synodalen Prozess ausgerufen hat. Die österreichischen Bischöfe begrüßen und unterstützen die Initiative des Papstes ausdrücklich, die in dieser Weise erstmals stattfindet. Um die Kirche insgesamt synodaler zu machen, soll über die für Herbst 2023 in Rom geplante Bischofssynode zunächst auf diözesaner, dann auf kontinentaler Ebene beraten werden. Das im Mai im Vatikan präsentierte Dokument legt fest, dass jede Bischofskonferenz einen Verantwortlichen für den synodalen Prozess bestimmt. Die österreichischen Bischöfe haben bei ihrer Vollversammlung in Mariazell für diese Aufgabe ihren Vorsitzenden, Erzbischof Franz Lackner gewählt, der in dieser Aufgabe von Diözesanbischof Josef Marketz unterstützt wird. Eröffnet wird die erste dezentral beginnende Bischofssynode am 9. und 10. Oktober von Papst Franziskus in Rom; eine Woche später soll in jeder Diözese weltweit der diözesane Startschuss fallen. Anhand eines Fragebogens und Leitfadens, der noch aussteht, wird dort unter Leitung des jeweiligen Diözesanbischofs bis März 2022 beraten und gebetet. Auch Ordensgemeinschaften, Kurienbehörden, katholische Vereinigungen, Gemeinschaften und katholische Fakultäten sollen für sich einen solchen synodalen Prozess unternehmen.
Erzbischof Lackner wird im Auftrag der Bischofskonferenz die Konsultationen begleiten und sowohl zu den Diözesen als auch zum vatikanischen Synodensekretariat Verbindung halten. Die Ergebnisse der vorsynodalen Versammlungen in den österreichischen Diözesen werden in der Folge an die Bischofskonferenz gesendet, wo sie Gegenstand der Beratungen bei der nächstjährigen Frühjahrs-Vollversammlung (14.-17. März 2022) sein werden. Bis Ende März 2022 wird dann eine Zusammenfassung der Beratungen auf Ebene der Bischofskonferenz gemeinsam mit den Ergebnissen jeder Diözese an das Generalsekretariat der Synode in Rom ergehen. Dieses erstellt daraus ein erstes Arbeitsdokument, das ab Herbst 2022 auf kontinentaler Ebene beraten wird. Auch die Früchte dieser synodalen Beratungen und Gebete gehen zurück nach Rom und werden dort zu einem zweiten Arbeitsdokument destilliert. Es bildet dann die Grundlage für die Beratungen der Vollversammlung der Bischofssynode, die im Oktober 2023 in Rom tagt.
Synodalität meint, gemeinsam einen Weg zu gehen. Dabei geht es darum, sich offen und ehrlich auszutauschen, einander zuzuhören, und sich im gemeinsamen Gebet zu vertiefen, um zu erkennen, was Gott uns heute sagen will. Synodalität zielt auf Einmütigkeit ab. Wir Bischöfe laden alle Gläubigen ein, sich gemeinsam auf diesen Weg zu begeben, zu dem uns Papst Franziskus aufgefordert hat.
2. 100 Jahre Caritas in Österreich
Die Caritas in den neun österreichischen Diözesen feiert dieser Tage ihr 100-jähriges Bestehen. Die Österreichische Bischofskonferenz möchte aus diesem Anlass Danke und Vergelt’s Gott sagen für 100 Jahre Dienst am Nächsten und für die starke Stimme der Caritas für all jene, die selbst keine Stimme haben oder nicht gehört werden.
Was vor 100 Jahren in einer Zeit des größten Elends nach dem Ersten Weltkrieg mit Nothilfen, Essensausgaben und Kleiderspenden begann, hat sich seither zu einem unverzichtbaren Netzwerk der Solidarität in unserem Land und darüber hinaus weiterentwickelt. Rund 1.600 professionelle Caritas-Einrichtungen in ganz Österreich bilden gemeinsam mit den mehr als 3.000 Pfarren in unserem Land ein verlässliches Netz, das gleichermaßen geprägt ist von Barmherzigkeit, Mitmenschlichkeit und Fachkompetenz. Caritas ist praktizierte Nächstenliebe mit tausenden hauptamtlichen und rund 50.000 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Mehrheit von ihnen sind Frauen und rund 75 Prozent aller Leitungspositionen in der Caritas sind mit Frauen besetzt. Alle in der Caritas Engagierten sind jeden Tag aufs Neue bemüht, in jedem Menschen Christus zu sehen und ihm auf Augenhöhe und in geschwisterlicher Liebe und Respekt zu begegnen.
Das Tun der Liebe gehört zum Kernauftrag des Evangeliums, sei es mit der Corona-Nothilfe, Obdachloseneinrichtungen, Notschlafstellen, Mutter-Kind-Häusern, Pflegediensten, Beratungs- und Betreuungsangeboten für Menschen in schwierigen Lebenslagen, mit Flüchtlingshilfe, Hospizen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderung oder auch dem „Plaudernetz“ gegen Einsamkeit. Die Liebe ist Grundlage allen Lebens und guten Handelns; sie bezeichnet, inwieweit wir in Gott sind und Gott in uns ist, denn: „Gott ist die Liebe“ – so heißt es im ersten Johannesbrief. Die Caritas, das ist die zur Tat gewordene Liebe und damit Kardinaltugend unseres Glaubens.
Die Caritas hat keine parteipolitischen Agenden. Sie steht keiner Partei „näher“ oder „ferner“. Ihr Platz ist schlicht an der Seite der Armen und all jener, die Hilfe brauchen; ungeachtet ihrer Herkunft, ihrer Religion oder ihres Geschlechts.
Zu den Aufgaben der Caritas gehört es auch, mitunter unbequem zu sein und Verantwortungsträger daran zu erinnern, ihre Arbeit an den Grundsätzen von Gemeinwohl und Gerechtigkeit auszurichten. Wenn die Caritas das Wort ergreift, dann ergreift die Kirche in Österreich das Wort. Wir Bischöfe stehen zur Caritas in unseren Diözesen und auf Österreich-Ebene. Der Einsatz für die Schwächsten, für die Armen, Alten, Kranken und Flüchtenden ist und bleibt für uns alle christlicher Grundauftrag. Österreich ohne die Caritas wäre unvorstellbar. Als Signal der Solidarität mit an Hunger leidenden Menschen hat die Bischofskonferenz beschlossen, dass am Freitag, den 30. Juli 2021, um 15.00 Uhr im Gedenken an die Sterbestunde Jesu in möglichst allen Pfarrgemeinden die Glocken für fünf Minuten geläutet werden. Das Läuten der Kirchenglocken gegen Hunger soll entsprechende Hilfsmaßnahmen der Caritas unterstützen.
3. Im „Jahr der Familie“ erneuerte Ehevorbereitung
Die Bedeutung familiärer Strukturen wurde uns in der Zeit der Pandemie von Neuem bewusst: Familien boten gerade angesichts der vielfachen Stresssituationen in der Krise den nötigen Freiraum, in dem Kinder, Jugendliche und Erwachsene Geborgenheit und Entlastung finden konnten. Mit dieser dankbaren Feststellung soll nicht verschwiegen werden, dass es aufgrund beengten Wohnraums, beruflicher und schulischer Aufgaben, die in den häuslichen Bereich verlagert wurden, und anderer Umstände auch zu psychischen Belastungen und teilweise auch Gewalterfahrungen gekommen ist. Dennoch: Familien sind für die Zukunft unserer Gesellschaft entscheidend! Jede staatliche und kirchliche Investition in den Aufbau von Familien, deren ideelle und wirtschaftliche Unterstützung und wenn nötig therapeutische Begleitung sind eine Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft. Auch die Kirche weiß um den Wert von Familien als Erfahrungsorte eines alltagsrelevanten Glaubens und eines sozialen Zusammenhalts, von dem alle profitieren.
Wir wollen als katholische Kirche zukünftig noch bewusster alle Familien stärken und ermutigen, ihre wichtige Aufgabe zur Gestaltung unserer Gesellschaft wahrzunehmen. Als ein wesentlicher Beitrag dafür wurde nun im Jahr der Familie, das Papst Franziskus zum fünfjährigen Jubiläum des nachsynodalen Schreibens „Amoris laetitia“ ausgerufen hat, die kirchliche Ehe-Vorbereitung neu aufgestellt. In der Vorbereitung einer kirchlichen Eheschließung soll in Zukunft noch bewusster die individuelle Situation des Paares berücksichtigt werden. Auf ihrem persönlichen Weg hin zur Trauung wollen wir in den Pfarren und Gemeinschaften den Paaren eine gute Begleitung anbieten, sodass sie in dieser wichtigen Lebensphase eine für sie relevante Unterstützung und die Freude des Glaubens in einer lebendigen kirchlichen Gemeinschaft erleben können.
Die bunte Palette kirchlicher Aktivitäten und Initiativen von Kirche für und mit Familien findet sich auf www.jahrderfamilie.at
4. Abtreibung ist keine „Gesundheitsdienstleistung“
Am 23. Juni 2021 wird das Europäische Parlament den Bericht des kroatischen Abgeordneten Predrag Fred Matic über „Die Situation der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte in der EU im Rahmen der Frauengesundheit“ diskutieren und abstimmen.
Neben anderen wichtigen und richtigen Fragen zur Gesundheit von Frauen beinhaltet dieser Bericht auch ein Plädoyer für die Freigabe der Abtreibung als Gesundheitsdienstleistung, obwohl die Kompetenz im Gesundheitsbereich – und erst recht im hochsensiblen Bereich der Abtreibung - fast ausschließlich bei den Mitgliedsstaaten und nicht bei der Europäischen Union liegt.
Gemeinsam mit den anderen Bischofskonferenzen in der Europäischen Union, die alle Mitglied der COMECE sind, halten die österreichischen Bischöfe fest: Die menschliche Gesundheit ist ein Kernanliegen der katholischen Kirche. Das Recht auf ganzheitliche Gesundheitsversorgung bildet eine wesentliche Grundlage für ein menschenwürdiges Leben. Vor diesem Hintergrund bewerten die Bischöfe das grundsätzliche Anliegen des Berichts, die Gesundheit und die Rechte von Frauen zu schützen, als positiv.
Gleichzeitig lehnen die Bischöfe die sehr einseitige Sichtweise des Berichts auf Schwangerschaft, Schwangerschaftsabbruch und die Rechte aller dabei involvierten Personen entschieden ab. Der Resolutionsentwurf des Berichts trägt der komplexen Situation einer Schwangerschaft in keiner Weise Rechnung. Er übersieht die schwierige Situation von schwangeren Frauen in Not oder Konfliktsituationen und klammert vor allem das Lebensrecht des ungeborenen Kindes vollständig aus. Er übersieht bewusst, dass das ungeborene Kind kein Eigentum seiner Eltern ist, sondern ein eigenständiges Lebensrecht besitzt. Die Darstellung einer Abtreibung als „wesentliche Gesundheitsdienstleistung“ entwürdigt daher das ungeborene Kind und ist ethisch unhaltbar.
Ebenso unhaltbar ist die Behauptung im sogenannten Matic-Bericht, wonach Abtreibung eine „Gesundheitsleistung“ sei, zu der Staaten aufgrund internationaler Menschenrechtsverträge verpflichtet seien. Demgegenüber ist vielmehr festzuhalten, dass kein internationaler Vertrag oder Menschenrechtsvertrag ein solches „Recht auf Abtreibung“ kennt und eine damit einhergehende Verpflichtung der Mitgliedsstaaten vorsieht. Abzulehnen ist außerdem, dass der Resolutionsentwurf das Grundrecht auf Verweigerung aus Gewissensgründen negiert. Dieses Recht ist eine Ausprägung von Artikel 10 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Es ermöglicht medizinischen Einrichtungen und dem Personal unter anderem, eine Abtreibung auf der Grundlage von Gewissensklauseln zu verweigern. Dieses Recht muss weiterhin garantiert sein. Europa braucht ein klares Ja zum Leben, ein Ja zur werdenden Mutter und ein Ja zum ungeborenen Kind, damit es Zukunft hat.
5. Ad-limina-Besuch 2021
Die Mitglieder der Österreichischen Bischofskonferenz werden heuer vom 29. November bis 4. Dezember ihren Ad-limina-Besuch in Rom durchführen. In diesem Rahmen werden sie mit Papst Franziskus und Vertretern der vatikanischen Kurienbehörden zusammentreffen und über die Situation der Kirche in Österreich beraten. Der letzte Ad-limina-Besuch der österreichischen Bischöfe war im Jänner 2014. Der ursprünglich für heuer im Februar geplante Termin musste coronabedingt verschoben werden.
Die „visitatio ad limina apostolorum“ (Besuch an den Schwellen der Apostelgräber) ist für die Bischöfe der Weltkirche vom Kirchenrecht in regelmäßigen Abständen vorgesehen.
Ihren Ursprung haben die Ad-limina-Besuche in den Wallfahrten zu den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus in Rom. Aus diesem Grund werden die Bischöfe auch zu den vier päpstlichen Basiliken St. Peter, St. Paul vor den Mauern, St. Johannes im Lateran und Santa Maria Maggiore pilgern.
6. Zuständigkeiten in der Bischofskonferenz
Im Rahmen der Vollversammlung der Bischofskonferenz ist es zu einem Wechsel der inhaltlichen Zuständigkeiten zwischen den Diözesanbischöfen Alois Schwarz und Josef Marketz gekommen.
So wurde Bischof Marketz mit der Zuständigkeit für den Themenbereich „Pastoral, Katechese und Evangelisierung“ betraut, den Bischof Schwarz zuvor abgegeben hatte. Der Themenbereich „Kirche und Sport“ verbleibt so wie das Ressort „Wirtschaft und Landwirtschaft“ weiter bei Bischof Schwarz, der ab sofort auch für das Referat „Umwelt und Nachhaltigkeit“ zuständig ist, das zuletzt bei Bischof Marketz lag. Für den Bereich „Soziales“ einschließlich der Zuständigkeit für die Katholische Sozialakademie Österreichs und die Kommission Iustitia Pax ist weiterhin Bischof Marketz verantwortlich.
Alle anderen inhaltlichen Zuständigkeiten innerhalb der Bischofskonferenz, die bei der letzten Vollversammlung neu vergeben wurden, bleiben unverändert. Sie gelten für fünf Jahre.