Presseerklärung zur Herbstvollversammlung 2024
1. Umkehr zu einer synodalen Kirche, die den Menschen dient
"Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung" - unter diesem Titel wurde das Schlussdokument der Bischofssynode am 26. Oktober beschlossen und von Papst Franziskus unmittelbar nach der Abstimmung zur Umsetzung freigegeben. Dieser bislang einzigartige Akt eines Papstes seit dem Bestehen von Bischofssynoden ist Ausdruck bereits gelebter Synodalität in der Weltkirche und zugleich ein Arbeitsauftrag an die Ortskirchen. Die österreichischen Bischöfe stehen voll und ganz hinter den Ergebnissen des weltweiten synodalen Prozesses und wollen sie in Österreich umsetzen.
Der synodale Prozess geht weiter und muss sowohl als Haltung verinnerlicht als auch in Formen und Strukturen konkretisiert werden. Daher will das Schlussdokument das Bewusstsein zum Ausdruck bringen, "dass der Ruf zur Sendung gleichzeitig der Ruf zur Bekehrung jeder einzelnen Kirche und der ganzen Kirche ist" (Nr. 11). "Umkehr" ist ein Schlüsselbegriff im Synodendokument und er erinnert an die ersten Worte Jesu Christi am Beginn seiner Mission: "Kehrt um und glaubt an das Evangelium" (Mk 1,15). Mit Synodalität ist daher zuallererst eine Haltung beschrieben, in der man gemeinsam auf das hören will, was Gott uns heute sagen will. Synodalität ist somit kein Selbstzweck, sondern "das gemeinsame Gehen der Christen mit Christus und auf das Reich Gottes zu, in Einheit mit der ganzen Menschheit" (Nr. 28).
Synodalität als geistliche Haltung "erfordert das Hören auf das Wort Gottes, Kontemplation, Stille und Bekehrung des Herzens" (Nr. 43) und wird konkret erfahrbar im sogenannten "Gespräch im Geist". Diese auch als "Anhörkreis" bekannte Methode hat sich nicht nur an den runden Tischen der Bischofssynode bewährt, sie eignet sich für viele Formen des Zusammenkommens und des Austausches und sollte daher im kirchlichen Bereich beginnend mit der kleinen Gemeinschaft, über die Pfarren, Verbände und Bewegungen bis hin zu den diözesanen und anderen kirchlichen Ebenen eingeübt und regelmäßig praktiziert werden. Wir Bischöfe teilen die Hoffnung: "Wenn der synodale Stil in Demut praktiziert wird, befähigt er die Kirche, in der heutigen Welt eine prophetische Stimme zu sein", einer Welt, die in der Versuchung steht, "Konflikte mit Gewalt statt durch Dialog zu lösen" (Nr. 47).
Eine synodale Kirche braucht auch Strukturen, die diese Haltung ermöglichen und sie mit Leben erfüllen. Daher enthält das Schlussdokument zahlreiche Empfehlungen, Vorschläge und Forderungen, die sich an unterschiedliche Adressaten und Ebenen richten. Wichtige Schlüsselbegriffe dabei sind Transparenz, Rechenschaftspflicht und Evaluierung. Im Blick auf Österreich zeigt sich, dass vieles davon bereits gelebte Praxis ist, besonders im Bereich der Mitwirkungsgremien auf Ebene der Pfarren und der Diözesen (Nr. 103). So wirken in den Pfarrgemeinderäten und pfarrlichen Vermögensverwaltungsräten über 40.000 gewählte Mitglieder ehrenamtlich mit. Sie sind ein Segen und aus dem kirchlichen Leben in Österreich nicht mehr wegzudenken.
Gleichzeitig enthält das Schlussdokument zahlreiche Punkte, die in der Kirche in Österreich noch aufgegriffen und umgesetzt werden sollen. Das betrifft vor allem die Diözesen, bei denen jetzt die Hauptverantwortung für die Weiterarbeit liegt.
Daneben hat die Bischofskonferenz das Mandat des nationalen Synodenteams verlängert. Seine Hauptaufgabe besteht darin, alle Inhalte im Schlussdokument zu identifizieren, wo es hierzulande einen Handlungsbedarf gibt und der Bischofskonferenz dafür konkrete Vorschläge zu machen. Ein zentrales Anliegen des Synodendokuments ist die Stärkung synodaler Formen und Verfahren auf nationaler Ebene. Das gilt auch für die Bischofskonferenz mit ihren österreichweiten Einrichtungen. Schon jetzt bestehen maßgebliche Gremien wie die österreichweite Pastoralkommission, Liturgische Kommission oder Familienkommission überwiegend aus sachkundigen Frauen und Männern.
Mitglieder des nationalen Synodenteams sind der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, Pastoral-Bischof Josef Marketz, Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka sowie Prof. Klara Csiszar von der Theologischen Fakultät der Katholischen Privat-Universität (KU) Linz, Prof. Regina Polak von der Theologischen Fakultät der Universität Wien, Elisabeth Rathgeb, Caritas-Direktorin der Diözese Innsbruck, und die Theologin Petra Steinmair-Pösel.
Darüber hinaus hat die Bischofskonferenz bereits einige Themen aus dem Synodendokument aufgegriffen und umgesetzt. Zur Forderung nach mehr Frauen in kirchlichen Führungspositionen (Nr. 60) gibt es den aufrechten Beschluss, innerhalb von sieben Jahren bis 2029 den Anteil von Frauen in der obersten Leitungsebene auf ein Drittel anzuheben. Dazu hat die Bischofskonferenz jetzt präzisiert, was die "oberste Leitungsebene" umfasst und festgelegt, dass die Entwicklung auch jährlich zu erheben ist.
Die Ämter des Lektors und des Akolythen sind die ältesten Ämter für Laien in der Kirche. Seit 2021 sind diese Ämter weltkirchlich auch für Frauen offen. Daher hat die Bischofskonferenz, wie vom Synodendokument gefordert (Nr. 75), jetzt einen Vorschlag für eine österreichweite Rahmenordnung erarbeitet, die im nächsten Schritt nun von den Diözesen und zuständigen Einrichtungen geprüft wird.
Weiters hat sich die Bischofskonferenz bei ihrer Vollversammlung mit der digitalen Kultur und den kirchlichen Herausforderungen (Nr. 113 und 149) befasst und zu den Beratungen Expertinnen und Experten einbezogen. Im Zuge dessen wurde das Österreichische Pastoralinstitut beauftragt, eine strategische Arbeitsgruppe zur digitalen Pastoral einzurichten. Darüber hinaus soll das Pastoralinstitut ein Netzwerk für digitale Kirche in Österreich unter Einbindung der diözesanen Verantwortlichen koordinieren.
Die beschlossenen Maßnahmen sind erste Schritte, denen weitere folgen müssen auf dem Weg zu einer synodalen Kirche, die den Menschen dient. Dazu hält das Synodendokument grundsätzlich bereits in Nr. 1 fest: "Jeder neue Schritt im Leben der Kirche ist eine Rückkehr zur Quelle." Diese Schritte werden gute Früchte tragen, wenn wir an der Liebe Jesu Christi Maß nehmen, wie es Papst Franziskus in seiner jüngsten Enzyklika "Dilexit nos" ("Er hat uns geliebt") allen Gläubigen ans Herz gelegt hat.
2. "Pilger der Hoffnung" im Heiligen Jahr 2025
Wenn Papst Franziskus am 24. Dezember im Petersdom die Heilige Pforte durchschreitet, dann eröffnet er damit auch das sogenannte Heilige Jahr. Das erste Jubiläum, wie das Heilige Jahr auch genannt wird, fand erstmals im Jahr 1300 auf Wunsch der Gläubigen statt. Seit Mitte des 15. Jahrhunderts gibt es alle 25 Jahre ein ordentliches Heiliges Jahr und seinen Kern bildet die Wallfahrt zu den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus in Rom.
Das Motto für das Heilige Jahr 2025 lautet "Pilger der Hoffnung". In der Verkündigungsbulle "Spes non confundit" ("Die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen"), mit der Papst Franziskus das Heilige Jahr ausgerufen hat, ermutigt er Kirche und Welt, in diesem Jahr greifbare "Zeichen der Hoffnung" zu setzen. Gerade angesichts einer von vielen Krisen und Bedrohungen geprüften Welt gilt es, Hoffnung zu stiften. Als Beispiele nennt Papst Franziskus den Einsatz für Frieden, Jugendliche, Senioren, Kranke, Arme und Migranten. Das Dokument enthält auch "Appelle der Hoffnung". So sollen beispielsweise reichere Länder wirtschaftlich schwächeren Ländern die Schulden erlassen - nicht aus Großmut, sondern aus Gerechtigkeit. Entschuldung ist auch der Kern des jüdischen Jobeljahres nach dem Gesetz des Moses, von dem sich das Heilige Jahr auch herleitet.
Das Jubiläum 2025 ist zugleich eine Einladung und Chance zur Umkehr und zum geistlichen Wachsen. Das bewusste Bekenntnis des Glaubens an Jesus Christus, Besinnung, Reue und sakramentale Versöhnung in der Beichte, Wiedergutmachung und konkret gelebte Nächstenliebe sollen Menschen dabei helfen, sich als ernsthafte und zugleich hoffnungsvolle Christinnen und Christen zu bewähren.
Österreichweit wird am 29. Dezember in den Domkirchen der jeweilige diözesane Eröffnungsgottesdienst für das Heilige Jahr stattfinden. Darüber hinaus laden wir Bischöfe die Gläubigen ein, nach Rom zu pilgern, die Heiligen Pforten und Apostelgräber zu besuchen und die Sakramente und den Ablass zu empfangen. Wem dies nicht möglich ist, wird im kommenden Jahr hierzulande in ausgewählten Jubiläumskirchen und Heiligen Stätten die regelmäßige Möglichkeit zur geistlichen Aussprache, Beichte und zum Empfang des Ablasses haben. Einen Überblick darüber und weitere Informationen bietet die Internetseite www.heiliges-jahr.at, die laufend ergänzt wird.
In Rom selbst wird es über das ganze Heilige Jahr verteilt Jubiläumsveranstaltungen für verschiedene Zielgruppen geben. Ganz besonders laden wir Bischöfe junge Menschen zum "Jubiläum der Jugendlichen" vom 28. Juli bis 3. August in Rom ein. Unter https://weltjugendtag.at/jugend-jubilaeum-2025/ gibt es dazu nähere Informationen sowie bereits Fahrtvarianten österreichischer Gruppen und Hilfestellungen, wie man junge Menschen dabei unterstützen kann, sich auf den Weg zu machen.
3. Für eine öko-soziale Landwirtschaft
Schon die ersten Worte unserer Bundeshymne machen deutlich: Österreich ist reich beschenkt mit den Schätzen der Natur und den Früchten menschlicher Arbeit. Die einzigartige Kulturlandschaft Österreichs verdankt sich nicht zuletzt dem pfleglichen Umgang mit der Schöpfung, wie er seit unzähligen Generationen dem Selbstverständnis und Ethos von Bäuerinnen und Bauern entspricht. Unterbrochene Lieferketten während der Pandemie, kriegsbedingte Ausfälle bei Getreidetransporten aus der Ukraine oder die Klimaerwärmung haben zuletzt das Bewusstsein wieder dafür wachsen lassen, wie wichtig die Landwirtschaft für gesicherte Lebensgrundlagen der Bevölkerung ist.
Schon vor Jahrzehnten wurden in Österreich die Weichen in Richtung einer öko-sozialen Landwirtschaft gestellt. Sie will ökonomisch leistungsfähig, ökologisch verantwortungsvoll und zugleich sozial orientiert sein und hat sich vielfach bewährt. Bäuerliche Familienunternehmen sind typisch für die Landwirtschaft in Österreich. Sie sind keine Selbstverständlichkeit, und das hohe Ansehen, das Bäuerinnen und Bauern zu Recht in der österreichischen Bevölkerung genießen, unterstreicht ihren wertvollen Dienst am Gemeinwohl.
Ein Vergleich innerhalb der Länder der Europäischen Union, in deren Kompetenzbereich die Landwirtschaft fällt, zeigt auf, dass die landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich in vielen Bereichen führend sind: Das betrifft die soziale Absicherung von Bäuerinnen und Bauern genauso wie die europaweit höchste Quote im Bereich der Biolandwirtschaft, die hohe Bereitschaft, sich freiwillig an Agrarumweltprogrammen zu beteiligen oder die beeindruckend hohe Anzahl an bergbäuerlichen Betrieben. Auch der generationenübergreifende Zusammenhalt in bäuerlichen Familienbetrieben ist eine Bereicherung für die gesamte Gesellschaft und macht den Schatz der bäuerlichen Kultur aus.
Gleichzeitig steht die Landwirtschaft auch in Österreich vor einem schmerzhaften Strukturwandel und immer neuen Herausforderungen. Sie muss nicht nur am Weltmarkt konkurrenzfähig sein, sondern sich auch den veränderten Bedingungen aufgrund des Klimawandels stellen. Wer hätte noch vor einigen Jahren gedacht, dass in Teilen Österreichs das Wasser knapp wird mit bisher ungeahnten Auswirkungen auf den Ackerbau sowie die Wald- und Forstwirtschaft? Elementarereignisse wie zuletzt die sintflutartigen Regenfälle und Überschwemmungen betreffen die Landwirtschaft genauso wie den Siedlungsraum, den es durch geeignete Schutzmaßnahmen zu erhalten gilt.
Klima- und Umweltschutz müssen daher Teil der österreichischen und europäischen Landwirtschaftspolitik sein und bleiben, weil nur so die Lebensgrundlagen nachhaltig gesichert werden können. Dazu gehören auch Maßnahmen für die Artenvielfalt und gegen den Bodenverbrauch. Genauso gilt es, den ländlichen Raum und eine leistungsfähige und öko-soziale Landwirtschaft zu erhalten und zu stärken. Wir Bischöfe danken allen, die sich dafür einsetzen. Dies gilt besonders allen Bäuerinnen und Bauern, denen wir unser "tägliches Brot" mitverdanken.
4. Das Heilige Land braucht endlich Frieden
Der Krieg im Heiligen Land aufgrund des Überfalls der Terrororganisation Hamas vor einem Jahr am 7. Oktober hat eine Eskalation der Gewalt ausgelöst, die uns fassungslos macht: Zerstörung und Tod, Hass, Rache und scheinbar unüberbrückbare gegenseitige Ressentiments bestimmen die Region, die für den Glauben von Juden, Christen und Muslime zentral ist. Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, spricht von einem "Tsunami des Hasses", der über die gesamte Region hinwegfegt. Nicht nur dort, sondern weltweit hat die Radikalisierung zugenommen. Auch in Österreich ist die Anzahl antisemitischer Vorfälle signifikant gestiegen. Einmal mehr unterstreichen wir Bischöfe das Existenzrecht Israels und betonen das Recht Israels, sich zu verteidigen. Gleichzeitig halten wir fest, dass die Menschenrechte sowie das humanitäre Völkerrecht und das Kriegsvölkerrecht von allen Seiten ohne Ausnahme zu achten ist.
Dieser Krieg bringt weder für Israelis noch für Palästinenser Sicherheit und Frieden. Auf Gewalt folgt stets weitere Gewalt. Durch die Ausweitung der kriegerischen Auseinandersetzungen auf den Konflikt zwischen der Hisbollah und Israel wurde jetzt auch noch der Libanon in die Gewaltspirale mit hineingezogen. Patriarch Pizzaballa hat mehrfach darauf hingewiesen, dass sich jede Seite als Opfer fühlt, und zwar als einziges Opfer des Konflikts. Als Christen sind wir aber verpflichtet, allen Opfern von Gewalt, Terror und Unrecht beizustehen und uns ihnen zuzuwenden.
Daher treten wir Bischöfe mit Papst Franziskus einmal mehr für die unverzügliche Freilassung aller noch in Gaza festgehaltenen Geiseln und einen sofortigen Waffenstillstand an allen Fronten ein. Wir verurteilen alle Gewaltakte gegen Zivilistinnen und Zivilisten, sei es in Gaza, in Nordisrael, im Westjordanland oder im Libanon, und wir betonen die Einhaltung des humanitären Völkerrechts. Das betrifft den Schutz der Zivilbevölkerung, des medizinischen Personals und humanitärer Helferinnen und Helfern sowie der zivilen Infrastruktur, insbesondere der Krankenhäuser und Schulen. Diese dürfen weder für militärische Zwecke missbraucht werden, noch Ziele militärischer Angriffe sein.
Unsere Gebete und Gedanken sind auch bei den Christen im Heiligen Land, bei jenen, die unter unvorstellbaren Bedingungen in Gaza eingeschlossen sind, bei jenen, die im Westjordanland leiden, bei jenen, die Opfer des Krieges im Libanon sind, und bei jenen, die in Israel von der Gewalteskalation betroffen sind. Ihr Schicksal und das Leid aller Menschen vor Ort dürfen uns nicht gleichgültig sein.
Wir rufen eindringlich zum Gebet für Frieden und Gerechtigkeit auf und zu noch mehr humanitärer Hilfe für die Opfer des Krieges. Die österreichischen Bischöfe schließen sich der Forderung unserer Caritas nach einem sicheren und nachhaltigen Zugang für humanitäre Hilfe in den Gazastreifen an, einschließlich der Bereitstellung lebensrettender Hilfsgüter, Medikamente, Lebensmittel, Wasser und Treibstoff, aber auch psychosozialer Dienste.
Den UNO-Organisationen und anderen Hilfswerken muss die Arbeit ermöglicht werden. Wir verurteilen in diesem Zusammenhang auch den jüngsten Raketenbeschuss auf das UNIFIL-Camp Naqoura im Südlibanon. Dabei wurden auch acht österreichische Blauhelme leicht verletzt. Es ist inakzeptabel, dass UN-Kräfte, die zum Frieden beitragen sollen und wollen, angegriffen werden.
Wir sind überzeugt: Zu einer gerechten politischen Ordnung im Heiligen Land, die Israelis und Palästinensern gleichermaßen ein Leben in Würde und mit Zukunftsperspektiven ermöglicht, gibt es keine Alternative. Und so eine Ordnung kann nur durch Dialog erarbeitet werden, so schwierig das derzeit auch erscheinen mag.