Zur aktuellen Bildungsdiskussion
Wortlaut der Presseerklärungen der Herbstvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz, 9. bis 12. November 2009, Benediktinerabtei Michaelbeuern
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Die Bischöfe verfolgen die derzeitige Diskussion zur Bildungsreform mit großem Interesse. Die Kirche hat sich aus ihrer Tradition heraus immer für Bildungsthemen eingesetzt. Im Bereich der Bildung fallen nicht nur Entscheidungen über gesellschaftliche Teilhabe, sondern auch über den sozialen Zusammenhalt der zukünftigen Generationen. Umso mehr sind die Bischöfe in Sorge, wenn sich zu oft parteipolitisches Kalkül und Streben nach tagespolitischem Erfolg in diesem sensiblen Bereich durchsetzen und über manche Strecken die Bereitschaft zur Diskussion im Grundsätzlichen abgeht.
Die Bischöfe danken allen, die sich in der Schule den Kindern und Jugendlichen widmen, in deren Köpfen und Herzen die Zukunft Gestalt annimmt, den Lehrerinnen und Lehrern, aber auch allen anderen Menschen in pädagogischen Berufen. Je größer und umfassender die Aufgaben werden, die vor allem der Schule hinsichtlich Erziehung, Vermittlung von Werten und von Sinn zuwachsen, umso deutlicher sind sie herausgefordert. Denn es geht nicht mehr nur um Weitergabe von Wissen, sondern es gilt auch wieder neu Tugenden zu vermitteln.
Es gibt durchaus positive Bemühungen um Strukturverbesserungen. Bildungschancen für möglichst alle Kinder sollen unabhängig vom sozialen Status der Eltern gesichert werden. Aber diese Diskussion von Strukturreformen ersetzt keinesfalls den eigentlichen gesellschaftlichen Diskurs über das, was Bildung sein kann und sein soll.
Es zahlt sich aus, Bildung wieder als einen Weg hin zu eigenverantwortlicher Menschwerdung zu verstehen. Zugleich mit dem angeeigneten Wissen wächst auch die Fähigkeit zu selbständigem Denken, Urteilen und Handeln als Grundlage der Freiheit. Eine Auseinandersetzung mit der Sinnfrage, mit den Fragen nach "Woher" und "Wohin", nach Herkunft und Zukunft also, ist unverzichtbarer Teil von Bildung, die letztlich Weisheit anstrebt. Die derzeitige ökonomistische Verengung des Bildungsbegriffs bedarf sicherlich einer Erweiterung des Horizonts. Es kann und soll nicht nur das in den jungen Menschen gefördert und entfaltet werden, was auf dem Arbeitsmarkt unmittelbar verwertbar ist. Zudem wird es immer wichtiger, Menschen auch für ein gutes Leben außerhalb und nach der Berufswelt zu bilden. Diese Überlegungen gelten für die akademische Bildung ebenso wie für die praktische Berufsausbildung.