"Mittelmeer darf nicht zur Todeszone werden"
Wien-Salzburg, 8.5.2015 (KAP) Heftige Kritik an der EU-Flüchtlingspolitik hat Caritas-Bischof Manfred Scheuer in einer Aussendung der Caritas (Freitag) geübt. Trotz des Bekenntnisses, aus Europa keine Wohlstandsfestung machen zu wollen, "werden an den Außengrenzen der EU immer mehr unüberwindbare Hürden für Schutzsuchende ausgebaut", betonte Scheuer und forderte: "Das Mittelmeer darf nicht zu einer Todeszone der Gleichgültigkeit werden. Die Rettung von Menschenleben ist eine humane Pflicht, die dem moralischen Selbstanspruch Europas geschuldet ist." Schätzungen zufolge kamen seit Jahresbeginn mehr als 1.750 Menschen bei der Überfahrt über das Mittelmeer ums Leben.
Kritik übte Scheuer zugleich am österreichischen Asylwesen: Als eines der reichsten Länder der Welt habe Österreich kein Recht, sich "durch strenge Asylgesetze und zum Teil unmenschliche Abschiebepraktiken" vor der Not der Flüchtlinge abzuschotten. Verhindert werden könnten Flüchtlingstragödien, wie jene im Mittelmeer, nur über weltweite Solidarität. "Europa muss sich - wir alle müssen uns - für die alltäglichen Dramen im Mittelmeer verantwortlich fühlen", so der Bischof wörtlich.
Scheuer rief in diesem Zusammenhang auch zur Unterstützung der Petition "Gegen Unrecht" auf, die für eine Trendwende in der Asyl- und Flüchtlingspolitik eintritt. Mehr als 39.000 Österreicher haben sich auf www.gegen-unrecht.at bereits mit ihrer Unterschrift für eine andere europäische Flüchtlingspolitik ausgesprochen. "Jeder und jede von uns kann ein Zeichen setzen und dadurch die politischen Entscheidungsträger ermutigen, wichtige Schritte zu einer menschlichen Flüchtlingspolitik zu setzten."
Lackner an Journalisten: "Von der Not betroffen machen lassen"
Mit einem ähnlichen Appell wandte sich der Salzburger Erzbischof Franz Lackner am Donnerstag beim traditionellen Medienempfang der Erzdiözese an die rund 80 anwesenden Medienvertreter: "Journalisten müssen sich von der Not der zur Flucht Gezwungenen betroffen machen lassen." Auf die Flüchtlingstragödie im Nahen Osten verwies Caritasdirektor Johannes Dines in seinem Grußwort. Die Caritas habe bisher sieben Millionen Euro für die Opfer des Bürgerkrieges aufgebracht, aber ein Ende des Dramas sei nicht in Sicht. "Wir müssen Verständnis haben, dass unter diesen Umständen Menschen nur noch die Flucht bleibt", sagte Dines. "Gerade in der Region, von der die Bibel erzählt, spielt sich seit fünf Jahren eine menschliche Katastrophe ab".
Nahost-Experte Stefan Maier zog in seinem Grußwort den Libanon als Beispiel heran: Das kleine Land, das so groß ist wie Tirol ist, habe vier Millionen Einwohner aber zusätzlich 1,3 Millionen Flüchtlinge aufgenommen, "von den 220.000 Toten und hundertausend Verletzten reden wir gar nicht mehr", berichtete Maier. Es sei unvorstellbar, "was die Menschen mitgemacht haben". Dazu komme, dass ein Viertel aller Schulen in Syrien zerstört sei.
Caritas legt Regierung 5-Punkte-Paket vor
Mit einem 5-Punkte-Lebenshilfe-Paket hatte sich die Caritas bereits am Donnerstag an die Regierung gewandt. Jene 60 Millionen Euro, die in den vergangenen fünf Jahren in der direkten bilateralen Entwicklungshilfe (EZA) in Summe gekürzt wurde, müssten jetzt rasch zur Verfügung gestellt werden. Weiters forderte die Caritas die direkte bilaterale Entwicklungshilfe von aktuell 77 auf bis zu 200 Millionen Euro im Jahr 2016 und längerfristig auf bis zu 500 Millionen Euro aufzustocken.
Die unverzügliche Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds von derzeit 5 auf 20 Millionen Euro, wie im Regierungsprogramm ohnehin vorgesehen, sei ebenso notwendig. Außerdem müsse der Vorschlag zum Bundesfinanzrahmengesetz geändert werden: In der Vorlage seien keine Erhöhungen der EZA vorgesehen, sondern im Gegenteil weitere Kürzungen für die nächsten vier Jahre. Schließlich fordert der Plan noch, die 0,7 Prozent des Bruttonationalprodukts für die EZA im Rahmen eines Stufenplans zu erreichen.
Landau appellierte an die verantwortlichen Mitglieder der Regierung: "Jetzt braucht es dringend konkrete Hilfe und keine Zahlenkosmetik. Die Tragödie im Mittelmeer verlangt sofortiges Handeln."
Quelle: Kathpress