Begegnung mit Bundespräsident Fischer
Die Beziehungen zwischen dem Staat und der Katholischen Kirche haben in Österreich ein "erfreulich hohes Niveau erreicht" und beruhen auf "gegenseitigem Vertrauen". Das betonte Bundespräsident Heinz Fischer bei einem Mittagessen mit den Mitgliedern der Bischofskonferenz am Dienstag in der Wiener Hofburg. Sowohl das Staatsoberhaupt als auch Kardinal Christoph Schönborn nannten den gesellschaftlichen Stellenwert von Familie und die Einstellung gegenüber Flüchtlingen als beispielhafte Themen, in denen Staat und Kirche zusammenwirken. Von daher danke er den Bischöfen und auch den Vertretern anderer Religionsgemeinschaften "für viele wichtige Diskussionsbeiträge und klare Standpunkte im Bereich des menschlichen Zusammenlebens", so Fischer an den noch bis Donnerstag in Wien tagenden Episkopat.
Der Bundespräsident erinnerte, dass seit dem letzten derartigen Zusammentreffen im November 2010 durch den überraschenden Pontifikatswechsel in der Kirche viel in Bewegung gekommen sei und es weltweit großes Interesse daran gebe. "Ich bin neugierig auf den Besuch bei Papst Franziskus und freue mich darauf", sagte Fischer mit Blick auf seinen offiziellen Besuch im Vatikan am 13. November. In diesem Zusammenhang erinnerte das Staatsoberhaupt an den Besuch des Papstes in Redipuglia am Isonzo, wo Franziskus der Opfer des Ersten Weltkriegs gedacht und auch die Gräber am Österreichisch-Ungarischen Soldatenfriedhof besucht hat: "Es war ein Bild von großer Symbolkraft", so Fischer, der gleichzeitig die gemeinsame Erklärung der Bischöfe zum Weltkriegsgedenken und die "klaren Worte gegen jede Form von Gewalt, Nationalismus, Hass, Verachtung und Arroganz gegenüber anderen Völkern" würdigte.
Bischofskonferenz auch für Staat wichtig
Die Beratungen der Bischöfe "sind auf für den Staat wichtig" führte der Bundespräsident weiter aus. Als Beispiele für Themen von gemeinsamen Interesse nannte er die Konflikte im Nahen Osten, die Situation von verfolgten Christen und die Einstellung gegenüber Flüchtlingen und Menschen mit Migrationshintergrund. Bei allen diesen Fragen müsse der Grundsatz ernst genommen werden, dass "alle Menschen gleich an Rechten und Würde geboren sind", die es zu achten gelte.
Fischer kam bei seiner Rede vor den Bischöfen auch auf das Thema der jüngsten Sitzung der Bischofssynode zu sprechen. Familie sei ein "wichtiges Thema" auch für die Politik. Hier könne man "voneinander lernen und soll aufeinander hören". Papst Franziskus habe mit der Themenstellung Familie "ein zentrales Thema der Pastoral" angegangen, bei dem es "eine besonders große Erwartungshaltung der Öffentlichkeit auf Änderung gibt und andererseits auch die kircheninternen Positionen durchaus unterschiedlich sind".
Der Bundespräsident hielt abschließend fest, dass sich der Staat "auch um gute und faire Beziehungen zu den anderen gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften und um einen funktionierenden interkulturellen und interreligiösen Dialog bemüht". In diesem Zusammenhang verwies Fischer auf eine für Freitag geplante hochrangige Begegnung anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums der Stiftung "Pro Oriente".
Schönborn: Papst hat soziale Nöte im Blick
Papst Franziskus hat die großen sozialen Nöte in der Welt im Blick und hat das im Zusammenhang mit dem Stellenwert von Familien, dem Schicksal von Flüchtlingen und beim Thema Menschenhandel sowie bei seiner Kritik an Fehlentwicklungen der Wirtschaftsordnung deutlich gemacht. Das betonte Kardinal Christoph Schönborn beim Zusammentreffen des Episkopats mit Bundespräsident Heinz Fischer. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz dankte für die Begegnung mit dem Staatsoberhaupt, die "keine Selbstverständlichkeit" sei und als öffentlich bekannter Termin gleichzeitig ein "Bekenntnis zum guten Miteinander" sei.
In seiner Antwort auf die Ansprache des Bundespräsidenten betonte der Kardinal, dass Papst Franziskus mit der Themenwahl für die Bischofssynode die "Familie auf den Leuchter gestellt" habe. In einer Zeit, wo der Sozialstaat nicht alles abdecke und sich eher zurücknehmen müsse, werde "Familie als Grundnetzwerk der Gesellschaft wieder mehr bewusst". Erklärtes Anliegen des Papstes sei es, Familie nicht nur in ihren religiösen, sondern vor allem in ihren sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bezügen ins Zentrum zu stellen.
Wie sehr Franziskus die konkreten Lebensverhältnisse und die sozialen Nöte der Menschen am Herzen liege und dabei mitunter auch missverstanden werde, zeige sich in Aussagen des Papstes, wonach er "kein Kommunist" sei. Mit dem Besuch auf Lampedusa sei es dem Papst schon am Beginn seines Pontifikats gelungen, den Blick der Welt auf Not und Leid von Flüchtlingen zu richten. Für den Papst ist Menschenhandel "eines der großen Verbrechen unserer Zeit", führte der Kardinal weiter aus. Weiters habe Franziskus klare Kritik an einer Wirtschaftsordnung geübt, bei der der Mensch zu einem Faktor degradiert werde. "Diese Wirtschaft tötet", habe der Papst festgehalten und dabei gerade nicht die Soziale Marktwirtschaft österreichischen Zuschnitts kritisiert.
An der Begegnung mit dem Bundespräsidenten haben neben den Mitgliedern der Bischofskonferenz auch der Apostolische Nuntius, Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen, sowie Prälat Gabor Pinter teilgenommen. Die Bischöfe feiern am Dienstagabend im Stephansdom einen Festgottesdienst, dem Kardinal Schönborn vorsteht und bei dem Nuntius Zurbriggen predigt. Im Anschluss daran findet ein Abendessen mit Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz im Erzbischöflichen Palais statt. Die Bischofskonferenz führt ihre politischen Spitzengespräche am Mittwochvormittag mit Kanzleramts- und Kultusminister Josef Ostermayer weiter, der die Bischöfe am Tagungsort im Bildungshaus der Fokolarbewegung "Am Spiegeln" in Wien besuchen wird.
Quelle: Kathpress