Missbrauch: Bischöfe prüfen Vorwürfe
Wien, 04.06.12 (KAP) Die österreichischen Bischöfe werden die an sie von der "Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt" herangetragenen Vorwürfe ernsthaft prüfen. Das hat Paul Wuthe, Medienreferent der Bischofskonferenz, am Montag erklärt. Dem vorausgegangen waren Medienberichte über die Plattform, die laut eigenen Angaben den österreichischen Bischöfen Briefe mit Namen von des Missbrauchs beschuldigten und überführten Priestern und weiteren kirchlichen Mitarbeitern, die immer noch ihren Dienst versehen würden, übersendet hat.
Über Details der Beschuldigungen bzw. Einzelfälle könne er derzeit nichts sagen, so Wuthe, da die Briefe bei den Bischöfen noch nicht eingelangt seien. Wuthe verwies aber auf die seit zwei Jahren geltende kirchliche Rahmenordnung, wo der Umgang mit Tätern klar geregelt sei. Überführte und verurteilte Täter dürften demnach nicht mehr in der Kinder- bzw. Jugendseelsorge eingesetzt werden.
In der Rahmenordnung heißt es wörtlich: "Keinesfalls wird die Diözesanleitung pädophile Missbrauchstäter in der Pastoral einsetzen, wo der Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gegeben ist.
Über mögliche Einsätze in anderen Bereichen wird - eventuell nach Einholung eines Gutachtens - eine Entscheidung im Einzelfall getroffen. Dabei sind die Art des Vergehens, die Schuldeinsicht und Wiedergutmachung des Täters, die Wiederholungsgefahr und die größtmögliche Sicherheit für die Menschen im Wirkungsbereich zu berücksichtigen. Für die diesbezügliche Entscheidung soll ein forensisch-psychiatrisches Gutachten als Grundlage dienen."
Es sei eine wichtige und zugleich oft schwierig zu beantwortende Frage, wie mit verurteilten Tätern weiter umzugehen sei, so Wuthe; etwa wenn jemand seine Haftstrafe verbüßt und eine Therapie erfolgreich abgeschlossen habe, er sich weiterhin in Supervision befinde und das kirchenrechtliche Verfahren zu keinem Ausschluss aus dem Priesteramt geführt habe. Dann könne eine solche Person zwar nicht mehr in der Kinder- oder Jugendpastoral tätig sein, es stelle sich aber die Frage nach der weiteren konkreten priesterlichen Verwendung.
Hinsichtlich des Umgangs mit Missbrauchstätern aus dem Bereich der Ordengemeinschaften sei zu bedenken, dass ein Verbleib in der Gemeinschaft oft ein Beitrag zu mehr Sicherheit sein könne. Es sei besser, wenn sich eine Gemeinschaft für die Probleme eines Mitglieds verantwortlich weiß, als sich dessen zu entledigen. Aber auch dort gelte, dass pädophile Missbrauchstäter nicht mehr im Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen sein dürfen, so Wuthe, der Mitglied der Ad hoc-Kommission zur Weiterentwicklung und Evaluation der geltenden Rahmenordnung ist.
Einzelfälle werden sorgfältig geprüft
Wuthe betonte, dass die Kirche, etwa über ihre eigene diözesanen Ombudsstellen oder über die Klasnic-Kommission, in den letzten zwei Jahren vielen Menschen rasch geholfen habe. Dabei werde im Zweifel für das Opfer entschieden. Nicht alle Vorwürfe seien aber im Sinne einer juristischen Entscheidung abgeschlossen worden. Das sei auch nicht Aufgabe der Klasnic-Kommission.
Gleichzeitig verwies Wuthe darauf, dass die Kirche von sich aus bis jetzt rund 150 Fälle zur Anzeige gebracht hat, um die strafrechtliche Relevanz von Beschuldigungen prüfen zu lassen.
Darüber hinaus sei jeder Bischof verpflichtet, zusätzlich eine kirchenrechtliche Untersuchung durchzuführen, wenn es Anhaltspunkte für den sexuellen Missbrauch durch einen Priester gibt. So können im kirchenrechtlichen Verfahren die Verjährungsfristen sogar gänzlich aufgehoben werden, und als schärfste Sanktion drohe die Entlassung aus dem Klerikerstand.
Wenn sich eine Beschuldigung aber nicht rechtlich nachweisen ließe, könne es zu der Situation kommen, dass einem Opfer von der Klasnic-Kommission und der Kirche zwar geholfen wird, ein Beschuldigter aber weiterhin im priesterlichen Dienst verbleiben könne. Das sei freilich eine Gratwanderung und müsse immer im Einzelfall sorgfältig geprüft werden, räumte Wuthe ein.