Schwarz: "Allianz für den Sonntag ist mehrheitsfähig"
Wien, 19.10.2011 (KAP) Das Engagement für den freien Sonntag "ist ganz offensichtlich mehrheitsfähig". Das betonte der Linzer Bischof Ludwig Schwarz als kirchlicher Sprecher der "Allianz für den freien Sonntag" bei einem Festakt am Dienstag im Parlament anlässlich ihrer Gründung vor zehn Jahren. Rund 300 Vertreter der mehr als 50 Organisationen aus Kirchen, Gewerkschaften, Wirtschaft und Zivilgesellschaft machten die Breite und Erfolgsgeschichte der Sonntagsallianz deutlich. Im Zentrum der Beiträge stand der humane, religiöse und gesellschaftliche Wert des Sonntags, den es weiterhin zu schützen gilt. Die Veranstaltung im Plenarsaal des Parlaments hatte auf Einladung des Zweiten Nationalratspräsidenten Fritz Neugebauer stattgefunden.
"Das gute Klima, in dem Gewerkschaften und Kirchen seit Gründung der Sonntagsallianz eng zusammenarbeiten", ist nach den Worten von Bischof Schwarz ein wesentlicher Faktor für das Gelingen der Sonntagsallianzen. Das unterstrichen auch Gewerkschaftsbund-Präsident Erich Foglar sowie Bischof Maximilian Aichern. Aichern hatte am 3. Oktober 2001 gemeinsam mit dem damaligen Gewerkschaftsbund-Präsidenten Fritz Verzetnitsch und Arbeiterkammerpräsident Herbert Tumpel die Österreich-Allianz für den freien Sonntag gegründet.
Maßgeblich sei auch das gemeinsame christliche Engagement gewesen. Dies zeigte die starke Präsenz kirchlicher Amtsträger beim Festakt: Seitens der katholischen Kirche nahmen neben den Bischöfen Schwarz und Aichern u. a. der Wiener Weihbischof Stephan Turnovszky und der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, teil. Die anderen Kirchen und Gründungsmitglieder der Allianz waren u. a. durch den evangelisch-lutherischen Bischof Michael Bünker sowie Oberkirchenrätin Hannelore Reiner, den koptischen Bischof Anba Gabriel und den emeritierten altkatholischen Bischof Bernhard Heitz vertreten.
Ohne Sonntag "Wochen ohne Ende"
Das Jubiläum wertete Bischof Ludwig Schwarz auch als Impuls für die Gesellschaft, damit der freie Sonntag eine verlässliche Ruheinsel mit mehr Lebensqualität und Zeitwohlstand für möglichst viele Menschen bleibe. Der Sonntag ermögliche Zeit zum Leben, zum Feiern, zum Beten und zu verschiedensten kulturellen und sozialen Aktivitäten, die den Alltag schöner und sinnvoller machten. "Ohne Sonntag gäbe es nur Werktage und Wochentage ohne Ende", brachte Schwarz die Bedeutung des freien Sonntag aus seiner Sicht auf den Punkt.
Beeindruckt zeigten sich die zahlreichen Teilnehmer aus dem In- und Ausland vom Wachsen der Allianz: Was vor 14 Jahren mit der Gründung einer Sonntagsallianz in Oberösterreich begann, führte nach Gründung von Bundesländerallianzen vor zehn Jahren zur Österreich-Allianz für den freien Sonntag. Es folgten Sonntagsallianzen nach österreichischen Vorbild in anderen Ländern (Deutschland 2006, Polen 2008 und Slowakei 2009). Höhepunkt und wichtiger Schritt zur Verankerung des Sonntags im EU-Raum war schließlich die Etablierung einer Europa-Allianz heuer im Juni in Brüssel. Die wichtige Vorbildwirkung der Österreich-Allianz auf andere betonten auch Hannes Kreller, der Sprecher der deutschen Sonntagsallianz, sowie Alfred Bujara von der polnischen Gewerkschaft "Solidarnosc".
Ältestes Sozialgesetz der christlich-jüdischen Zivilisation
Der Zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer meinte, die Allianz sei zwar noch jung, sie baue aber auf einer sehr alten Idee auf, somit sei der freie Sonntag "das älteste Sozialgesetz der christlich-jüdischen Zivilisation". Der Sonntag schaffe Ruhe für das Erleben von Gemeinschaften, die gemeinsame Zeit und die Pflege sozialer Netzwerke könne nicht hoch genug geschätzt werde, betonte Neugebauer und mahnte gleichzeitig zum sorgsamen Umgang mit dem freien Sonntag.
Franz-Georg Brantner, Vorsitzender des Wirtschaftsbereichs Handel in der Gewerkschaft der Privatangestellten und zweiter Sprecher der Sonntagsallianz, führte den Anstoß zur Gründung der Sonntagsallianz auf ständige Forderungen zur weiteren Liberalisierung der Öffnungszeiten, aber auch auf die Erfahrungen mit dem 8. Dezember zurück. Die Allianz habe unterschiedliche Zugänge, aber ein klares Ziel: Die Idee des freien Sonntags als gemeinsame Zeit für die Ausübung der Religion, für Familie und Freundeskreis sowie für ehrenamtliche Tätigkeiten muss erhalten bleiben. Kritisch setzte er sich mit den Handelsketten auseinander, denen er vorwarf, den freien Sonntag zur Gewinnmaximierung auf Kosten der kleinen Nahversorger anzugreifen.
Brantner sprach überdies von einer Meinungsumschwung in Europa. Vor zehn Jahren habe man den freien Sonntag fast nur noch in Österreich gewahrt, zahlreiche ausländische Gewerkschaften haben aber mittlerweile gezeigt, dass eine Entwicklung in die andere Richtung möglich ist, meinte er und wies auf die Gründung der Europäischen Allianz für den freien Sonntag hin.
Deutliche Zustimmung zum freien Sonntag kam auch von Wirtschaftsseite: Mehr als 95 Prozent der rund 80.000 Handelsbetriebe in Österreich seien klar für den freien Sonntag. Das betonte Fritz Aichinger, der innerhalb der Wirtschaftskammer für die Sparte Handel zuständig ist. Befürworter der Sonntagsöffnung seien vor allem bei den rund einhundert großen Betrieben mit mehr als 1.000 Mitarbeitern zu finden.