Budget "nicht zukunftsorientiert"
(www.erzdioezese-wien.at - 27.10.2010)
Es geht um Grundsatzfragen
"Es ist nicht Sache der Kirche, zu tagespolitischen Fragen Stellung zu nehmen. Aber hinter Budgetentscheidungen stehen natürlich auch Grundsatzfragen", begründet Kardinal Schönborn seine Kritik am Sparpaket. "Und auch als Bürger stelle ich mir die Frage, ob es gut ist, wenn zum Beispiel bei den Familien gespart wird. Alle klagen darüber, dass wir zu wenig Kinder haben. Trotzdem betreffen die höchsten Budgetkürzungen die Familien." Zudem gebe es kein umfassendes Pflegekonzept und auch bei der Entwicklungshilfe werde gespart. "Papst Johannes Paul II. hat oft gesagt, dass die Zukunft der Gesellschaft von der Familie abhängt. So gesehen, sind die jetzt getroffenen Entscheidungen nicht zukunftsorientiert", erklärt der Kardinal.
Kinder gehören nicht ins Gefängnis
In der Asyldebatte unterstützt Kardinal Schönborn die Initiative "Gegen Unrecht" der Hilfsorganisationen. "Kinder gehören nicht ins Gefängnis, wie immer ihre 'Papiere' aussehen mögen. Es ist gut, dass die Komani-Zwillinge binnen weniger Tage zurückkehren konnten." Trotzdem sei dies kein Anlass, sich zurückzulehnen, die Unsicherheit für viele Familien von Asylwerbern mit kleinen Kindern bleibe bestehen. "Es ist inakzeptabel, wenn Familien, die voll integriert sind, die niemandem 'auf der Tasche' liegen und deren Kinder keine andere Sprache als ein österreichisch gefärbtes Deutsch können, plötzlich aus ihrem vertrauten Umfeld gerissen werden. Die Kinderrechtskonvention muss vollständig in der Verfassung verankert werden. Dazu sollen möglichst rasch Gespräche beginnen."
"Brauchen gute Immigrationspolitik"
Auch für ein "echtes" Bleiberecht macht sich Kardinal Schönborn stark. "Die Experten unserer Caritas sagen mir, dass die Fremdengesetzgebung mittlerweile völlig unübersichtlich und undurchschaubar geworden ist. Das sollte für die Politik Anlass sein, gründlich nachzudenken und Abhilfe zu schaffen." Menschen, die gut integriert sind und Jahre unbescholten in Österreich leben, sollten hier "ein echtes Bleiberecht" erhalten. In der Ausländer-Diskussion warnte der Kardinal, zwei Aspekte nicht zu vermengen: Erstens gebe es ein Menschenrecht auf Asyl, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Asylwerber in seinem Heimatland Verfolgung ausgesetzt wäre. "Rasche, faire Asylverfahren sind hier von entscheidender Bedeutung." Zweitens sei es das Recht jeden Staates, die Immigration entsprechend zu regeln. "Österreich hat hier einen großen Nachholbedarf. Wir brauchen eine gute Immigrationspolitik."