"Wer Österreich liebt, spaltet es nicht"
Am Menschenrecht auf Asyl dürfe nicht gerüttelt werden, so die Bischöfe. Sie fordern noch mehr Anstrengungen bei der Quartiersuche und sorgen sich vor allem auch um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die eines besonderen Schutzes und Begleitung bedürfen. Bei all dem warnen die Bischöfe vor einem Ausspielen von Flüchtlingen und Österreichern in Not.
"Weil Flucht, Migration und Integration zu den großen Herausforderungen unserer Zeit zählen", hat die Bischofskonferenz dafür einen neuen Aufgabenbereich festgelegt und den Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics damit beauftragt, heißt es weiter.
Verunsicherung und Hilfsbereitschaft
Der Andrang an Flüchtlingen und die damit verbundenen Herausforderungen seien so groß, dass sie die politischen Verantwortlichen nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa zu überfordern drohten. Das löse bei vielen Menschen Ratlosigkeit, Verunsicherung und Angst aus, zeigen die Bischöfe Verständnis.
Dem stehe aber eine spontane Hilfsbereitschaft gegenüber, "wie sie unser Land schon lange nicht mehr erlebt hat". Die Tausenden Freiwillige würden nicht in Ohnmacht, Angst oder Bequemlichkeit verharren, sondern hätten "das menschliche Gesicht Österreichs" sichtbar gemacht. Dafür sagten die Bischöfe ein "tief empfundenes Danke". Das unermüdliche Engagement sei "ein großer Schatz in unserem Land", heißt es wörtlich. Die vergangenen Wochen hätten eindrucksvoll bewiesen, wozu Zivilgesellschaft sowie kirchliche Einrichtungen fähig sind. "Sie machen deutlich, dass bei allen Herausforderungen Menschlichkeit das entscheidende Kriterium ist und bleibt."
Die Bischöfe fordern verstärkte Friedensbemühungen im Nahen Osten und mehr Hilfe für die Länder der Region ein, wozu auch Österreich seinen Beitrag leisten müsse. Die Europäische Union müsse zudem eine solidarische Antwort auf die große Zahl der Flüchtlinge finden und dabei jene Länder entlasten, die davon besonders betroffen sind. In Österreich und weltweit müsse das Menschenrecht auf Asyl weiterhin unverbrüchlich gelten, andernfalls "würden wir uns in Österreich und innerhalb Europas jener Grundlagen berauben, die für ein menschliches Zusammenleben unabdingbar sind".
Quartierprobleme rasch lösen
Die Bischöfe benennen in ihrer Erklärung auch konkrete Herausforderungen in Österreich, die es rasch zu lösen gelte: So gebe es immer noch zu wenig Grundversorgungsplätze für Asylwerber, sodass immer mehr Menschen auf der Flucht von Obdachlosigkeit betroffen sind. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge hätten nicht immer jene Unterbringung und Betreuung, die vom Kindeswohl her in gleicher Weise für alle Kinder gefordert sind. Und es gebe noch immer zu wenig winterfeste Notunterkünfte für jene Flüchtlinge, die auf der Durchreise sind.
Der Staat müsse faire, qualitätsvolle und rasche Asylverfahren durchführen sowie alle Formen der Schlepperei und des Menschenhandels entschieden bekämpfen, nicht zuletzt durch einen gesicherten Zugang zu Asylverfahren. Dabei sei zwischen Asyl und Migration zu unterscheiden. "Gerade weil Menschen aus Chaos und Verderben flüchten und hier Sicherheit suchen, ist die Aufrechterhaltung der rechtsstaatlichen Ordnung in unserem Land für die Politik eine Verpflichtung, die Sensibilität in Wort und Tat erfordert," halten die Bischöfe fest.
Aus der Quartierkrise von heute dürfe nicht die Integrationskrise von morgen werden, warnen die Bischöfe weiter. Spracherwerb, Bildung und Zugang zu Arbeit seien wichtige Voraussetzungen für eine gelingende Eingliederung in die Gesellschaft. Sie müssten möglichst rasch einsetzen und erforderten entsprechende Mittel.
Eine Grundvoraussetzung für Integration sei freilich, dass Asylsuchende wie auch Zuwanderer die unbedingte Geltung der Menschenrechte und die demokratische Verfassung in Österreich anerkennen müssen. Dazu zählten besonders Religionsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit und die gleichberechtigte Stellung von Mann und Frau. Wörtlich betonen die Bischöfe: "Ziel der Integration muss die gemeinsame Liebe zu Österreich sein, die die Menschen in diesem Land verbindet."
Caritas betreut derzeit 21.000 Flüchtlinge
In der Erklärung der Bischofskonferenz wird auch das konkrete kirchliche Engagement im Flüchtlingsbereich aufgezeigt. Aktuell würden rund 6.000 Asylwerber in Caritas-Quartieren im Rahmen der Grundversorgung untergebracht. Das seien deutlich über zehn Prozent aller Grundversorgungsplätze, wofür vielfach kirchliche Gebäude genützt werden, halten die Bischöfe fest. Weitere 15.000 Personen würden von der Caritas mobil betreut, sodass derzeit insgesamt 21.000 Menschen - somit jeder dritte Asylwerber in Österreich - von der Caritas betreut würden. Möglich sei dieses große Engagement durch die Unterstützung von Klöstern, Ordensgemeinschaften, Pfarren, Diözesen und zahlreichen engagierten Christen.
Die Bischöfe betonen weiters, dass zugleich nicht die Sorgen der Österreicher vergessen werden dürften, etwa im Blick auf die Arbeitslosigkeit oder beim Thema Bildung. "Die Nöte von Menschen gegeneinander auszuspielen, hilft jedoch niemandem", heißt es wörtlich in der Erklärung.