Schönborn: "Große Wertschätzung für Bundeskanzler Faymann"
Kardinal würdig scheidenden Bundeskanzler für ehrliches Bemühen um Ausgleich in der Politik und gutes Verhältnis zu Kirchen und Religionen in Österreich
"Ich habe große Wertschätzung für Bundeskanzler Werner Faymann und ihn als ausgezeichneten Gesprächspartner in vielen grundlegenden Fragen erfahren." Mit diesen Worten reagierte Kardinal Christoph Schönborn auf den überraschenden Rücktritt Faymanns aus allen politischen Ämtern. Der scheidenden Bundeskanzler sei in den letzten acht Jahren "in die europäische Dimension des Amtes hineingewachsen" und habe sich "als ein Politiker erwiesen, dem Europa als völkerverbindendes Friedensprojekt ein großes Anliegen war". Faymann habe auch um den "positiven gesellschaftlichen Stellenwert von Kirchen und Religionen" gewusst. "In vielen persönlichen Gesprächen wurde spürbar, dass der Glaube eine Basis in seinem Leben ist", so der Vorsitzende der Bischofskonferenz am Montag im Interview mit "Kathpress".
Zugleich ortete der Kardinal auch Differenzen mit Faymann: "Ich habe mir mit seiner Wende in der Flüchtlingsfrage schwer getan und öffentlich mehrfach erklärt, dass ich sie als eine provisorische Notmaßnahme verstehen kann, aber nicht für dauerhafte Lösung halte." Einig seien sich Schönborn und Faymann in der Überzeugung gewesen, dass es "eine gesamteuropäische Lösung mit mehr Solidarität" dafür brauche. Ob in Europafragen oder in der Politik: "Ich hatte immer den Eindruck, dass sich Bundeskanzler Faymann ehrlich um einen Ausgleich unterschiedlicher Positionen bemüht hat", so der Wiener Erzbischof.
Ausdrücklich würdigte der Kardinal das gute Verhältnis des Bundeskanzlers zu den Kirchen und Religionen in Österreich. Dies sei sowohl bei dem von Faymann initiierten Religionsdialog im Bundeskanzleramt als auch beim Wechsel der Religionsagenden in das Kanzleramt durch die Eingliederung des Kultusamtes deutlich geworden.
"Österreich braucht jetzt rasch eine Regierungsspitze, die mit Besonnenheit und Verantwortungsbewußtsein das verloren gegangenen Vertrauen wieder zurückgewinnen kann", sagte der Kardinal im Blick auf die Zukunftsängste vieler Menschen. "Dafür braucht es vor allem Politiker, die immer den Menschen und das Gemeinwohl im Blick haben und dafür den Weg des Miteinanders gehen."
Quelle: kathpress