Bischöfe auf Martin Luthers Spuren
Im Vorfeld des Reformationsjubiläums 2017 halten sich der lutherische Bischof Michael Bünker und der Linzer katholische Bischof Manfred Scheuer von 26.-29. September zu einem Lokalaugenschein im Kernland der Reformation auf. Unter dem Motto "Von Wittenberg zur Wartburg" stehen - begleitet von Journalisten aus Österreich - zahlreiche Begegnungen mit kirchlichen und politischen Würdenträgern sowie Tourismus-Verantwortlichen auf dem Programm. Beginnend mit Berlin und Wittenberg führt die Reise der Bischöfe nach Magdeburg, ins ökumenische Kloster Volkenroda und ins evangelische Augustinerkloster nach Erfurt, bevor sie auf der Wartburg ihr Ende findet.
Den Auftakt der Reise machte eine Begegnung mit Reformationsbotschafterin Margot Käßmann in Berlin. Diese unterstrich, dass das Reformationsjubiläum keine nostalgische Wohlfühlfeier sein dürfe. Sie erwarte sich einen "mutigen Aufbruch der Kirche ins 21. Jahrhundert". Dieses Jubiläum könne heutzutage auch nur mehr ökumenisch begangen werden, zeigte sie sich im Gespräch mit dem evangelischen und katholischen Bischof überzeugt. Zwei Highlights im Jubiläumsjahr, auf die Käßmann besonders hinwies: Das große Festwochenende am 27./28. Mai in Wittenberg mit mindestens 200.000 Teilnehmern und die Weltaustellung "Tore der Freiheit", die von Mai bis September 2017 in Wittenberg stattfindet.
Ob es noch Chancen gibt, dass Papst Franziskus an der einen oder anderen Jubiläumsfeierlichkeit in Deutschland teilnimmt, wollte Käßmann nicht kommentieren. Der Papst sei jedenfalls ein gern gesehener Gast, die Entscheidung liege aber nicht bei ihr oder den evangelischen Kirchen in Deutschland, sondern bei der deutschen katholischen Bischofskonferenz und im Vatikan.
In Wittenberg informierten sich Scheuer und Bünker im Anschluss über den Stand der Vorbereitungen auf das Jahr 2017. In der Schlosskirche, wo Martin Luther vor 499 Jahren seine berühmten Thesen angeschlagen haben soll, hielten Scheuer und Bünker gemeinsam vor dessen Grab inne.
Kristin Jahn, die lutherische Pfarrerin von Wittenberg, gab eine Einführung in die kirchliche Situation vor Ort. In jener Stadt, in der einst Martin Luther so erfolgreich wirkte, sind heute gerade noch maximal 15 Prozent der Bevölkerung christlich (evangelisch und katholisch zusammen). Die Stadt selbst hat rund 20.000 Einwohner, inklusive der Umlandgemeinden zählt Wittenberg bis zu 45.000 Menschen. Ihre eigene Gemeinde zählt 3.500 Gläubige, so Jahn. Die Hälfte davon ist älter als 70. Doch davon will sich die dynamische Pfarrerin nicht entmutigen lassen. "Immerhin gibt es hier 85 Prozent der Menschen, die noch zur Kirche hinzukommen können. Wir müssen das als Chance sehen."
Die Pfarrerin und ihr kleines Team bemühen sich, mit speziellen Angeboten wie einem Familienzentrum oder Infoabenden über die Kirche für Gastronomie-Mitarbeiter jene Bevölkerungsschichten zu erreichen, die überhaupt keine Berührungspunkte zur Kirche haben. Eine Kirchenfeindlichkeit, wie sie in Ostdeutschland noch vor 20 Jahren spürbar war, sei heute aber nicht mehr festzustellen. Jahn ortete ganz im Gegenteil durchaus großes Interesse bei vielen Menschen an der Kirche, freilich brauche es entsprechende niederschwellige kirchliche Angebote und auch besondere Gottesdienstformen, um diese Menschen zu erreichen, so die Pfarrerin: "Es geht darum, wie Luther gesagt hat: Den Menschen auf's Maul schauen, ohne ihnen nach dem Mund zu reden."
Scheuer und Bünker sind in Österreich Hauptproponenten der Ökumene. Sie sind beide Mitglieder des Vorstandes des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) und sie stehen auch gemeinsam der gemischten evangelisch-katholischen Kommission vor. Bischof Scheuer ist zudem in der katholischen Bischofskonferenz für Ökumene-Fragen zuständig.
Quelle: kathpress