Glettler in Sarajewo: Prozesse der Versöhnung stärken
Bischof Hermann Glettler hat in Sarajewo dazu aufgerufen, für die Heilung der "vielen seelischen Wunden unserer Zeit" zu beten und "alles zu tun, um Prozesse der Versöhnung zu stärken": Dies gehöre zum Auftrag der Christen, sagte der Innsbrucker Oberhirte bei einem Gottesdienst während der Frühjahrsvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz, die noch bis Donnerstag in der Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina stattfindet. Die bei dem Treffen gewachsene innere Verbundenheit zur bosnischen Ortskirche verpflichte dazu, "die Schwestern und Brüder unserer Kirche, die sich seit über 20 Jahren in einer besonderen Bedrängnis befinden, nicht zu vergessen", so Glettler bei der Messe am Montagabend.
Der Staat Bosnien und Herzegowina und insbesondere die katholische Kirche vor Ort hätten mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, hielt der Bischof fest. Trotz einer "momentan wie gelähmt agierenden Politik" bestehe dennoch in Gott die "Hoffnung, dass die Wunden der Vergangenheit eines Tages gänzlich geheilt sein werden". Die nötige Therapie, um unheilvolle Situationen verändern zu können, sei die Demut, konkretisiert in kleinen, konkreten Schritte im Alltag, sowie in der Bereitschaft zur Versöhnung. Die lokale und internationale Politik dürfe dabei freilich nicht aus der Verantwortung entlassen werden, "für ein Plus an Gerechtigkeit und reale Zukunftschancen besonders für die Jugend in diesem Land zu kämpfen".
Eine "heilsame Wirkung" könne auch von gegenseitigen Besuchen ausgehen, hob Glettler hervor. Oft brauche es den Blick und die Hilfe von außen und man sei aufeinander angewiesen. Dies hätten im Lauf der vergangenen Jahrzehnte zunächst der "wertvolle Dienst" Tausender Gastarbeiter in Österreich, im späteren Bosnienkrieg dann die Aufnahme vieler Flüchtlinge gezeigt. "Die Lebensgeschichten unzähliger bosnischer Familien sind hineinverwoben in unsere österreichische Bevölkerung", stellte der Bischof fest. Gott schicke Fremde als "Nachhilfe" - "um uns herauszufordern, unser Denken zu weiten und nicht selten auch, um unsere Herzenshaltung zu heilen".
Sorgen äußerte der Innsbrucker Bischof dahingehend, dass sich eine an den Wohlstand gewöhnte Gesellschaft allzu schnell gegen Flüchtlinge und Vertriebene abschließe.
"Wen also meinen wir, wenn wir als Österreicher, Bosnier, Europäer 'Wir' sagen? Es ist ein Gebot der Stunde und eine Voraussetzung für einen dauerhaften Frieden, dass wir den 'Raum der Zugehörigkeit' weiten."
Es sei Auftrag der Kirche, einer sich abzeichnenden Entsolidarisierung entschieden entgegen zu wirken, denn:
"Gott darf nicht in einer ethnischen oder nationalen Parteilichkeit missbraucht werden. Er ist der Schöpfer und Vater aller Menschen."
Quelle: kathpress (06.03.2018)