Regierung sichert keine neuen Eingriffe in Sonn- und Feiertage zu
Die Bundesregierung geht auf die Kritik der Bischofskonferenz zum Arbeitsruhegesetz ein und sichert zu, dass die "Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen für den Handel nicht über das bestehende Ausmaß hinaus ausgeweitet werden". Das hat ÖVP-Klubobmann August Wöginger als Vertreter der Regierungspartei im Zuge der Beschlussfassung der Arbeitszeitflexibilisierung am Donnerstag im Nationalrat erklärt. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) sagte seitens der Regierung, dass sie der verlesenen Erklärung "vollumfänglich zustimmt" und sie "unterstützt".
Die Bundesregierung reagiert damit auf "Einwände der Österreichischen Bischofskonferenz, die vom Heiligen Stuhl unterstützt wurden" und die sich auf die Novellierung des Arbeitsruhegesetzes bezogen, heißt es in der Erklärung, die weiter festhält:
"Nach Gesprächen mit dem Heiligen Stuhl und der Bischofskonferenz besteht Einverständnis darüber, dass gegen die Novelle in der Fassung des vorliegenden Abänderungsantrags unter der Bedingung kein Einwand besteht, dass die uneingeschränkte Freiwilligkeit bezüglich der Arbeit an Sonn- und Feiertagen garantiert ist und Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen für den Handel nicht über das bestehende Ausmaß hinaus ausgeweitet werden."
"Mit dieser Erklärung bestätigt die Regierung, dass der völkerrechtlich verankerte Schutz der Sonntage und der Feiertage von den gesetzlichen Änderungen betroffen ist." Das erklärte Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, nach der beschlossenen Arbeitszeitflexibilisierung im Interview mit Kathpress, mit Verweis auf die letztwöchige Kritik der Bischofskonferenz am Eingriff in die Arbeitsruhe an diesen Tagen. Schipka bestätigte, dass es in den letzten Tagen in Wien zu Gesprächen des Apostolischen Nuntius mit dem für Völkerrechtsfragen zuständigen Außenministerium gekommen war. Ergebnis dieser Gespräche, in die auch die Bischofskonferenz eingebunden war, "ist die heute im Parlament seitens der Regierung abgegebene Erklärung", so Schipka.
Die nun beschlossene Arbeitszeitflexibilisierung sei dennoch "ein Eingriff in die Arbeitsruhe, der von der Bischofskonferenz aus grundsätzlichen Erwägungen nicht unterstützt wird", hielt Schipka weiter fest und verwies auf andere zahlreiche kritische Stellungnahmen der letzten Tage aus dem kirchlichen Bereich. "Diese Kritik war und bleibt berechtigt", so der Generalsekretär der Bischofskonferenz.
"Es liegt jetzt an der Regierung, keine weiteren Eingriffe bei den Sonntagen und Feiertagen zuzulassen. Als Kirche werden wir in dieser Sache weiter wachsam bleiben."
Freiwilligkeitsgarantie
Durch das beschlossene Arbeitsruhegesetz wird es künftig möglich sein, an vier Sonn- bzw. Feiertagen im Jahr zu arbeiten, die jedoch nicht auf einander folgen dürfen. Das Gesetz, das am 1. September bereits in Kraft treten soll, sichert dabei den Arbeitnehmern ausdrücklich Freiwilligkeit zu.
Das am Donnerstag mit 119-Ja und 55-Nein-Stimmen ebenfalls beschlossene Arbeitszeitgesetz, zu dem sich die Bischofskonferenz nicht geäußert hat, hält weiterhin am 8-Stunden-Tag und der 40-Stunden-Woche für Berufstätige fest. Sie ermöglicht im Bedarfsfall eine freiwillige Ausweitung auf die 11. oder 12. Arbeitsstunde bzw. auf maximal 60 Stunden in der Woche. Das Gesetz enthält eine Freiwilligkeitsgarantie: Damit steht es Arbeitnehmern frei, Überstunden "ohne Angaben von Gründen" abzulehnen, wenn diese die Tagesarbeitszeit von zehn Stunden oder die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschreiten würden. Das betrifft explizit auch Wochenend- und Feiertagsarbeit. Weiters ist festgeschrieben, dass ein Nein des Beschäftigten zu keinen Benachteiligungen hinsichtlich Entgelt, Aufstiegsmöglichkeiten und Versetzung führen darf. Kündigungen wegen der Überstunden-Ablehnung können bei Gericht angefochten werden. Arbeitnehmer können weiters wählen, ob die zusätzlichen Stunden mit Geld oder durch Zeitausgleich abgegolten werden.
"Dammbruch" befürchtet
Die Bischofskonferenz hatte am vergangenen Donnerstag in einer Stellungnahme deutliche Kritik an der Novellierung des Arbeitsruhegesetzes geübt und sich für den Schutz des Sonntag und der Feiertage eingesetzt. Kritisiert wurde auch die Vorgehensweise: So habe es zu dieser Gesetzesänderungen kein vorheriges Begutachtungsverfahren gegeben. "Die beabsichtigten Gesetzesänderungen verletzen völkerrechtliche Verpflichtungen der Republik Österreich" auf Grundlage des Konkordats, weil darin der Schutz der Sonntage und Feiertage verankert ist, und seien "verfassungsrechtlich bedenklich", hieß es in der am 28. Juni veröffentlichten Stellungnahme der Bischofskonferenz. Die Bischofskonferenz bewerte die Vorgangsweise als "demokratiepolitisch bedenklich" und ortete "eine Geringschätzung des Familienlebens mit gravierenden Auswirkungen auf die gesellschaftliche Ordnung".
Um den völkerrechtlichen Verpflichtungen zu entsprechen, sei zunächst die Kontaktaufnahme der Republik Österreich mit dem Heiligen Stuhl notwendig, um das völkerrechtlich geforderte Einvernehmen in Bezug auf die geplante Einschränkung der Feiertagsruhe herbeizuführen, hielt die Bischofskonferenz fest.
Gleichzeitig warnte die Bischofskonferenz vor einem "Dammbruch" hinsichtlich der Beschränkungen der Ladenöffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen. Dies insofern, als die im neuen Gesetzesvorhaben verankerte Ausnahmeregelung für Verkaufstätigkeiten nach dem Öffnungszeitengesetz vom Verfassungsgerichtshof als geeignet beurteilt werden könnte, den verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitssatz zu verletzen. Konkret wäre dann zu befürchten, dass der Verfassungsgerichtshof keine sachliche Rechtfertigung für die Vorgehensweise erkennt, einzig Verkaufstätigkeiten nach dem Öffnungszeitengesetz von der geplanten Regelung auszunehmen.
Es bestehe daher in Folge das Risiko, dass der Verfassungsgerichtshof die neue Regelung und die entsprechenden Bestimmungen des Öffnungszeitengesetzes als verfassungswidrig aufheben könnte, wodurch die Beschränkung der Ladenöffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen wegfiele und in der Folge auch alle im Handel Beschäftigten an Wochenend- und Feiertagen zur Vornahme von Verkaufstätigkeiten verpflichtet werden könnten. Dies wäre, so die Bischofskonferenz, "eine weitere Zuspitzung eines nicht akzeptablen Eingriffs in das Zusammenleben unserer Gesellschaft".
Im Blick auf die freiwillige Mehrarbeit präzisierte der Generalsekretär der Bischofskonferenz am vergangen Freitag gegenüber Kathpress, dass sich die Bischofskonferenz nicht prinzipiell gegen eine Flexibilisierung der Arbeitszeit ausspreche. Diese könnte auch dem Wohl der Familien dienen, sie dürfe aber jedenfalls nicht zu deren Lasten gehen, so Schipka.
Quelle: kathpress (05.07.2018)